In Altötting lebte in den ersten 60er Jahren noch der Barock.
Die Meßgewänder hatten Bassgeigen-Formen, die römische Beamten-Kleidung aus dem 3. Jahrhundert prägte die Priesterkleidung, die Kapläne liefen in Soutane.
Als Ministranten lernten wir, als 9-jährige, jenes Ministranten-Latein auswendig: Ad deum qui laetifikat, juventutus meum … zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf.
Die Kapuziner waren freundliche, meist alte Herren, manche, mit besonderer Geschichte, auch im Winter barfuss in Sandalen.
Dann kam erstmals die deutsche Sprache, in den Gottesdiensten „zum Volk“, die Menge der Messen blieb „Stille Messe“ am Seitenaltar, denn jeder Kleriker hatte ja seine tägliche „Messe zu lesen“. Entsprechen war es ein schnelles abhandeln oder ein feierliches Ritual zwischen 20 und 40 Minuten.

Bei den großen Gottesdiensten gab es nun auch Lesungen, Fürbitten etc. vorzutragen, neben dem Weihrauch eine besondere Aufgabe.
Was wir damals noch nicht hörten:
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Entscheidend aber für die Entfaltung der Theologie der Befreiung war die eigenständige Rezeption des Konzils durch die lateinamerikanische Ortskirche, wie sie sich vor allem in den Schlussdokumenten der Zweiten und Dritten Generalversammlung des lateinamerikanischen Episkopates in Medellín bzw. Puebla manifestierte.
In diesen beiden Dokumenten wird die Situation der Bevölkerungsmehrheiten in Lateinamerika als Ergebnis von Strukturen der Abhängigkeit, Ungerechtigkeit und Unterdrückung beschrieben.
Nicht mehr – wie bisher auch innerkirchlich üblich – die ganzheitliche „Entwicklung“ ist das positive Gegenbild zur herrschenden Situation, sondern „Befreiung“. Dies bedeutet eine implizite Absage an den „desarallismo“, an jene Entwicklungsideologie also, die die wirtschaftliche und soziale Situation als ein retardiertes Entwicklungsstadium im Vergleich zu den industrialisierten Zentren sah.

Der methodische Dreischritt von Sehen, Urteilen und Handeln wird bekräftigt. Die vorrangige und solidarische Option für die Armen wird theologisch (!) begründet und nicht einfach als pastorale Notwendigkeit beschrieben. Die Armen sind der entscheidende Maßstab der Nachfolge Jesu. Vor allem aber werden sie selber in ihrem evangelisatorischen Potenzial, nicht als pastoral Betreute, sondern als Subjekte der Evangelisierung beschrieben.
Und schließlich werden die Kirchlichen Basisgemeinden als die Keimzellen der Kirche, Quelle der Evangelisierung und aktueller Hauptfaktor der menschlichen Entwicklung in ihrem Engagement bestärkt. Nach Jahrzehnten wachsenden Widerstandes innerhalb der lateinamerikanischen Hierarchie fand die Fünfte Generalversammlung der Bischöfe in Aparecida (2007) wieder zu diesen Ursprungsimpulsen zurück.

http://www.narr-shop.de/media/leseproben/44027.pdf

In Altötting war, obwohl einzelne Kapuziner ja durchaus in Chile aktiv waren, davon erst mal nichts zu hören, die neue Stimmung kam über eine Jugendsynode und die Verarbeitung in der Jugendarbeit und die Umsetzung in unseren 14tägigen selbst gestalteten Jugendmessen und eigenen Veranstaltungen.

Siehe auch http://paulo-freire.blog.de

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