Schwule Männer waren nach 1945 und in der Bundesrepublik bis 1994 weiter verfolgt und diskriminiert, die Schäden durch eine reaktionäre Justiz wirken bis heute. Die Einsicht fehlt auch weiterhin bei etlichen der Verantwortlichen …

Was haben die Gesetze und Gerichte in der Sexualität zu entscheiden?

Jugendschutz nennen sie es, Familienrecht und Kindeswohl, und die Herkunft aus dem reaktionären nationalsozialistischen Denken ist bis heute auch den gemilderten §§ anzumerken, auch wenn es um Pornografie, Sexualbegleitung und Sexwork geht, wie die „gute alte“ Prostitution heute eher genannt wird. Moralische Diskriminierung bäumt sich auf, auch aus vermeintlichem Feminismus, der aber anderen den Lebensstil vorschreiben will, weil sie eine Gleichsetzung mit Kinderhandel einführt.

Gemeint ist hier (ansonsten) nicht Gewalt und Übergriff, die in anderen §§ geregelt sind. Einvernehmliche Sexualität und Liebes-Verhältnisse waren schon im Theater lange ein Thema kirchlicher Verfolgung, obrigkeitlicher Zensur, aber welches Recht hat die Justiz in einem säkularen Bürger-Staat?

Bei der Pornografie wäre der Jugendschutz noch am Ehesten angebracht, doch hat ausgerechnet nach „Zensursula“ das Versagen der der Behörden die Unfähigkeit an Eindämmung bewiesen, auch wenn die Verfolgung der „Kinderpornografie“ bis 18 Jahre die heutige reaktionäre Moral des „Schutzes“ als tendenzielle Entmündigung zeigt.

In den 1980er Jahren waren die „Schutzalter-Grenzen“ in Diskussion, heute scheinen sie nach „geistig-moralischer Wende“ festgeschrieben, so weit es als Verfolgungsgrund brauchbar ist. Was hat das mit der alten Schwulen-Verfolgung zu tun?

Es ist der Grundgedanke, andere für ihre Liebe, für Ihre Neigung, für ihr Tun bestrafen und verfolgen zu können.

Der „gute Onkel“ lebt in manchen Köpfen so weiter wie der „Warme Bruder“, und die Jugendschutz-Tante in manchem Amt entscheidet wie der alte Nazi-Richter, der nie umgelernt hat, wenn es um „Mutter“ und „Kindeswohl“ geht. Die ausbildenden Professoren hatten noch vor wenigen Jahren ihre alten Beispiele und Literaturen, hatten die Entnazifizierung nie angenommen.

Pädophilie ist eine Krankheit, der auch nur mit Verständnis und Anerkennung für ein bewusstes Leben damit zu begegnen ist, statt mit aufgeregtem Presse-Gekreische und „ewig Wegsperren“. Für unkontrollierbare Übergriffe sind andere Gesetze zuständig. „Kein Täter sein“ sollte angemessen ernst genommen werden und die Arbeit der dort angeschlossenen Beratungsstellen und Therapeuten brauchen öffentliche Wahrnehmung, auch wenn keine „Fälle“ in der Presse sind.

Ansonsten brauchen wir ein Bewusstsein der Bürger- und Menschenrechte, das sich nicht aus der Strafverfolgung, sondern aus unserer Autonomie ableitet. Wofür braucht der Staat unser Geschlecht, warum geht nur in andern Ländern ein Namensrecht der eigenen Person?

Transsexuelle und Intersexuelle Menschen müssen heute noch Diskriminierungen und Indiskretionen erleiden, weil wir uns seit Jahrzehnten eine reaktionäre Regierung leisten, die lieber die Bildung und eine Verwaltung kaputt spart, und die Polizei aufrüstet, statt sie aktuell demokratisch zu gestalten. Hierarchische Medizin und ein im Hintergrund abzockendes Gesundheits- und Alten- und Behinderten-Verwahrungs-System entspricht „marktkonformer Demokratie“.

Bürger*innen-Demokratie braucht neue Strukturen, die nicht so tun, als wären wir für sie da: Kafka beschrieb das verfallende Obrigkeits-System der Donau-Monarchie, und wir erleben immer noch diese Gefühle vor dem Gesetz?

Die Geschichte der §§ 175 Einführung, Verschärfung, Verfolgung und Kampagnen

Vor 150 Jahren hat uns König Ludwig II. mit dem Verkauf Bayerns an das neue Kaiserreich gegen eine Menge Geld aus Bismarcks „Reptilienfonds“ für den Bau seiner Schlösser, die nach seinem Tode in die Luft gesprengt werden sollten, das preußische Kaisertum und das Strafrecht mit den §§175 eingebrockt.

Aber in Täuschland schreiben wir unsere Geschichte immer schön, wie alle ReGierenden, machen aus Ludwig einen traurig verirrten gemordeten Märchenkönig und in München auch aus einer Siegesgöttin nach dem 1870er Krieg gegen Frankreich einen „Friedensengel“.

Karl-Heinrich Ulrichs bis Magnus Hirschfeld

Ein Juristentag 1867 in München im Odeon erlebte einen Eklat:

Aus seinem eigenen Erleben kam Karl Heinrich Ulrichs zu seinen Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe und schaffte es als Anwalt, seine Forderung erstmals öffentlich vorzustellen:

Auf dem deutschen Juristentag in München vor 500 Mitgliedern rief diese jedoch tumultartige Szenen vor, in denen seine Rede unterging. Ulrichs war stolz auf diesen Auftritt und schrieb dazu später:[6]

„Bis an meinen Tod werde ich es mir zum Ruhme an rechnen, daß ich am 29. August 1867 zu München in mir den Muth fand, Aug’ in Auge entgegenzutreten einer tausendjährigen, vieltausendköpfigen, wuthblickenden Hydra, welche mich und meine Naturgenossen wahrlich nur zu lange schon, mit Gift und Geifer bespritzt hat, viele zum Selbstmord trieb, ihr Lebensglück allen vergiftete.„ https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Heinrich_Ulrichs

Wissenschaftlich-Humanitäres Commitee WHC – auch in München

Vor gut 100 Jahren trafen sich dann gute Bürger wie ein Apotheker, Mediziner und Juristen, gegen den § 175 und die Erpressungen und Selbstmorde im Wissenschaftlich Humanitären Comitee München, und unterstützten die Bemühungen von Magnus Hirschfeld in Berlin und seiner Zeitschrift.

Gleichzeitig hatte ein Postkarten-Verleger August Fleischmann begonnen, neben den schönen Postkarten-Bildchen am Marienplatz auch kleine Schriften gegen den §175 zu drucken und zu verkaufen.

Die Sexual-Ordnung der Nazis, Erfolge und Versagen

Nach der Revolution 1918, zu deren Zeit schon etliche von Bisexualität und Freier Liebe schrieben und sprachen, wie Sigmund Freud und sein Schüler Otto Gross am Monte Verità und in Schwabing und Berlin, ging es in München erst mal rückwärts in die bürgerliche Reaktion und in alte Weltbilder der Kirchen, die auch im Postfaschismus der 1950er und 1960er Jahre herrschten, und die den §175 in der verschärften Form der Nazis weiterhin exekutierten:

Polizeispitzel und Gefängnis, keine Entschädigung für KZ-Aufenthalt und ermordete Angehörige, regelmäßig zerstörte Berufswege und Existenzen, Erpresser und Selbstmorde führten die Alpträume der Nazi-Politik weiter, und die traurigen Ergebnisse der Mutterorden-Politik , von der zuerst auch schwulen SA bis in Lagerbordelle brachte keine Geburten-Raten, aber Blut- und Rassenwahn.

Vor 50 Jahren

war dann zuerst die studentische Befreiungsbewegung in Gang gekommen, mit dem Film von Rosa von Praunheim, mit Studentengruppen und im Untergrund: In den USA hatten 1956 Allen Ginsberg und sein Verleger von der Beat-Generation noch ein Verfahren wegen positiver Erwähnung der Homosexualität, bis durch die junge Bewegung der Hippies und Vietnamkriegs-Gegner 1962 die Strafbarkeit in Virginia abgeschafft wurde.

Der §175 hat viele Biografien beschädigt

Erpressungen und Selbstmorde

Die Angst wirkt bis heute weiter: Das Geschrei an den Schulen gibt es bis heute: „Schwule Sau!“ oft als falsch ausgedrückte Abwehr gegen körperliche Übergriffe unter pubertierenden Jungs, denen es um Rangelei ging, aber niemand fühlt von außen die Scham und Angst eines Jungen, der sich zu Kameraden mehr hingezogen fühlt als zu den reiferen Mädchen, die mit ihrer rechthaberischen Mädchenscheisse beschäftigt sind: Aussehen, Besonderheiten, Mode, Schminke, …

Angst in der Familie

Ein „coming out ist auch heute, 2021 noch ein emotionales Abenteuer für einen 22jährigen Studenten, der seiner Familie lieber eine schriftliche Mitteilung macht und auf twitter in zwei Tagen 15.000 vor allem positive Reaktionen bekommt, aber auch verwunderte Fragen, was daran heute noch so besonders sei:

„Hab mich gerade bei meinen Eltern und Brüdern geoutet. Hab denen einen schönen Text geschrieben (weil es für mich der einzig machbare Weg war) und mein Papa hat gleich zurückgerufen und Entwarnung gegeben und meinte es sei alles gut und ich bin weiterhin Papas Sohn.

Jetzt warte ich nur noch auf weitere Reaktionen von meiner Mutter und meinen Brüdern. Ich bin gespannt, aber jetzt guter Dinge … Meine Ma und meine Brüder haben übrigens auch super lieb und herzlich reagiert. Es ist also alles hervorragend gelaufen. Ich bin Happy!“

Angst in Beruf und Betrieb

CSD Christopher Street war keine Party, sondern ein Aufstand: Tunten und Handtaschen in New York gegen Kneipen-Korruption und Polizei-Willkür https://lustpaedagogik.blogspot.com/2021/02/175-die-geschichte-der-angste-der-liebe.html

IDAHOBIT*: Das Fest der Befreiung?

IDAHOBIT* ist ein bisher eher interner Versuch, die (medizinische) Befreiung zu feiern: Nach der Rede eines anonym auftretenden Arztes mit Papiertüte über dem Kopf vor der Weltgesundheitsorganisation wurde das Krankheitsbild Homosexualität gestrichen …

Das Datum wurde zur Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, an dem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschloss, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu streichen. Transsexualität wurde erst 2018 mit dem Erscheinen der ICD-11 von der WHO als „Krankheit“ gestrichen. https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Tag_gegen_Homo-,_Bi-,_Inter-_und_Transphobie

Der mühsame Kampf durch die Jahrzehnte

Entschädigung? um Jahrzehnte verschoben

Die BISS Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren e.V. ist ein Fachverband für die Interessen und Selbsthilfe von älteren Schwulen. Sie vernetzen schwule Seniorengruppen und Verbände der schwulen Selbsthilfe. https://schwuleundalter.de

Naturordnung im Vatikan?

Die Klerikale Arroganz, beruft sich auf eine göttliche Naturordnung, die sie kenne, betreibt aber mit veraltetem männlichem Standesdünkel und Machtmissbrauch eine Politik, die weiterhin vor allem in einigen afrikanischen Staaten zu Verfolgung von Schwulen und Lesben führt.

Medizin und unsinnige Gehirnforschung

hatten nach Gehirn-Unterschieden gesucht und fahnden nach genetischen und hormonellen Ursachen, statt die biografische und ganzheitliche Entwicklung der Menschen einfühlsam zu begleiten, die Vielfalt der Möglichkeiten anzunehmen und daraus Fortbildungen und gute Öffentlichkeitsarbeit zu machen.

Kirchen

„Die Ehe ist heilig, während die homosexuellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstoßen …“ Ratzinger 2003. Während einzelne evangelische Landeskirchen auch andere Beziehungen segnen, verdammen andere solches Verhalten, auch offene Beziehung sind seit der (moralischen Verpflichtung zur) Ehe für Alle eher das, was „wilde Ehe“ in den 1970ern für Heteros war …

http://lustpaedagogik.blogspot.com/2021/01/darkroom-fur-munchen-beginn-einer.html

queeres leben Entwurf für https://queer-kunst.blogspot.com

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