Der Liebesbegriff bei Augustin

Die etwa einhundertseitige Arbeit, mit der Hannah Arendt (1906–1975) 1928 bei ihrem akademischen Lehrer Karl Jaspers in Heidelberg im Fach Philosophie promovierte, behandelt den Liebesbegriff des christlichen Philosophen und Kirchenlehrers Augustinus von Hippo (354-430).

In Auswertung seiner Werke sowie im Rückgriff auf die christlichen Evangelien und die Paulusbriefe erarbeitet sie eine grundlegende Differenzierung zwischen drei Arten von Liebe, der sie neben der religiösen eine wesentlich existenzphilosophische und damit existenzielle Bedeutung zuspricht:

  • amor (ἔρως): die auf Begehren (appetitus) beruhende weltliche Liebe, die dauernd jeweils nach Befriedigung strebt, diese aber niemals erreicht und sich so, trotz ihrer Weltbejahung, nur negativ verwirklicht.
  • caritas (ἀγάπη): die auf nach dem summum bonum strebende Gottesliebe, die aus der Weltlichkeit fort in den Himmel, zu Gott strebt und den paradiesischen Frieden ersehnt, dadurch aber zur Welt, die sie ablehnt, in einem dauernden Missverhältnis steht.
  • dilectio (στοργή): die Liebe zum Nächsten (dilectio proximi), die in der freilassenden, nicht begehrenden Zuneigung zum anderen Menschen die Gottesliebe vorwegnimmt und somit einen gottgefälligen Standpunkt in der Welt ermöglicht. 20 jahre Schutz csd bad tölz

Der Liebesbegriff kreist thematisch weniger um Gott und das Verhältnis des Menschen zu ihm, als um

  • die Welt und ihre Weltlichkeit,
  • das gespannte Verhältnis des Individuums zur Welt sowie
  • das Problem der Mitseins mit Anderen in der Welt.

umarmt oder unentschiedenDamit gehört die Arbeit sowohl – nämlich thematisch und argumentatorisch – in die existenzphilosophische Tradition von Jaspers und Heidegger, als auch – durch ihren religiösen Horizont – in die religionsphilosophische Rudolf Bultmanns und vereinigt dadurch die Denkeinflüsse der drei wichtigsten akademischen Lehrer der Autorin.
WEITER: wikipedia.org

Den Begriff „Liebe“ ständig in weltferner idealistischer Bedeutung zu verwenden: Die Priesterschaften dürfen ja nicht anders denken. SIE lebte schon damals bewusster.

Karl Jaspers, der die Arbeit mit 1-2 wertete, und auch später mit ihr befreundet blieb, verstand auch ihr späteres Eintreten für Pluralität: Nach Verfolgung und Emigration blieb sie in der Nachkriegszeit im nachnationalsozialistischen Deutschland in der Nachkriegsstarre des Kalten Krieges ausgespart.

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