Zwischen hehrem Idealismus und pragmatischem Alltag inmitten tödlicher Gewalt: Utopien brauchen die Basis einer soliden Kritik des bestehenden, sonst dienen sie nur – wie die staatlich verkündeten Idealismen – den Geschäftemachern der Privatisierung.

Auf einer Tagung zu Simbabwe fällt mir wieder auf, wie leicht wir die wichtigsten Strukturen der dortigen Wirklichkeit aus den Augen verlieren, verdrängen: Welche Geschäfte macht das Militär, wie ist die Partei dort verwoben, wie kann das überhaupt je getrennt werden?

Ähnlich in Bayern: Die Staatspartei hat wenig eigene Struktur, weil sie einfach die staatlichen Strukturen nutzen kann, und Minister, die gelernte Juristen und Rechtsanwälte sind, haben kein Unrechtsbewusstsein dabei.

In der alten Linken war es als „militärisch-industrieller Komplex“ umschrieben, was bis heute Exportschlager Deutschlands ist, aber nur kleingedruckt in den Zeitungen vorkommt: Waffengeschäfte in aller Welt, die uns so friedlich glauben soll: Jeder (auch Kinder-) Soldat wünscht sich eine G3 von Heckler & Koch.

Ich staune immer wieder, wie viele ansonsten kluge Leute den Anteil am internationalen Befreiungskampf der RAF nie verstanden haben, der auch heute gerne weggelassen wird: Es war nicht politischer Diskurs mit Willy Brandt (wie manche immer noch glauben wollten, und Waffen als nicht demokratisch dialogfähig ansahen) sondern Identifikation und Solidarität mit den bewaffneten Kämpfen im Trikont, in den Ländern der Diktatoren und Kolonisten.

Als Kind lernte ich, dass Adenauer ein höchst ehrenwerter Mann sei, als junger Mann musste ich erfahren, dass er zwei mal öffentlich das Parlament belogen hatte, als er plante, die Bundeswehr aufzubauen. Älter werdend staune ich, wie wenige Mitmenschen die Fassaden der politischen Sonntagsreden durchschauen, weil sie die verkündeten Idealismen unbedingt glauben wollen.

Die Verbrechen der Wiederbewaffnung und der Notstandsgesetze schäublen heute noch durch die Politik, wenn der international verbreitete Terror der US-Army ins zivile Leben zurückschlägt. „Es gibt kein ruhiges Hinterland“ ist die alte Devise, und wir träumen weiter von der Rendite der Waffengeschäfte für unser geruhsames Alter.

Wirkliche Ideale müssen wir uns schon selbst entwerfen und mit anderen so kommunizieren, dass daraus fruchtbare Arbeit wird. Regelmässig sehe ich den Missbrauch der Ideale für die grosse Geschäftemacherei, und die geschicktesten sind die scheinbar gemeinnützigen Wirtschaftsstiftungen, die gleichzeitig Meinungsbildner und Politikberater sind.

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