Zusammenleben will gelernt sein

Als Einrichtung der interkulturellen Jugendarbeit sowie der MultiplikatorInnen-Fortbildung bietet INKOMM Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft sowie MultiplikatorInnen aus Jugendarbeit und Schule, Verwaltung oder Vereinen Projekte und Workshops zu verschiedenen Themenbereichen an. Ferner werden Seminare zur interkulturellen Kompetenz und zu Themen wie „Islam und Erziehung“ oder „Albanische Jugendliche in München“ durchgeführt.

Die interkulturelle Situation der 7. Klasse einer Münchner Hauptschule bildete 1999 den Ausgangspunkt einer Zusammenarbeit von INKOMM mit der Klassenleiterin Angela Ilmberger. „Wie kann ich mit einer frisch zusammengewürfelten 7. Klasse, mit Schülerinnen und Schüler aus sieben verschiedenen Herkunftsländern den Zusammenhalt stärken?“, fragte sich die Hauptschullehrerin und bat INKOMM sowie einen Theaterpädagogen um Unterstützung. Daraus entstand ein Theater-Projekt und ein Videofilm „Theater, wie im richtigen Leben“.

Mit dem „Forum-Theater“ wurde eine gut umsetzbare Methode entwickelt, um in multikulturell zusammengesetzten Gruppen kulturelle Mißverständnisse und Ängste zu reflektieren sowie ein friedliches Miteinander einzuüben und zu erlernen. Unterschiedliche sprachliche Ausdrucksfähigkeiten können hierbei durch Körperausdruck, Gestik und Haltung ausgeglichen werden. Mit Hilfe des Forum-Theaters lernen die Schülerinnen und Schüler, ihre eigenen Lebens- und Konflikt-Situationen in Bildern und Szenen darzustellen. Kinder und Jugendliche entwickeln aus ihrer Alltagswelt heraus Szenen. Es entstehen Bilder, in denen sie zeigen, wo sie sich unter Druck fühlen, um dann gemeinsam nach befreienden Handlungsalternativen zu suchen.

Hierbei können die Zuschauer als „Zu-Schauspieler“ die vorgestellte Szene verändern. Spielleiter schaffen dafür den Rahmen: Sie sprechen mit dem Publikum und laden zur Suche nach Veränderungsmöglichkeiten in der Situation ein, zum Beispiel um ein besseres Ende der Szene zu finden. So entsteht eine dichte Atmosphäre des gemeinsamen Arbeitens und Lernens. Auf Elternabenden oder Sommerfesten der Schule können die Akteure ihre Szenen auch Eltern, Geschwistern und Freunden zur Veränderung vorstellen. „Es ist faszinierend zu sehen, dass Wirklchkeit veränderbar ist“ sagt INKOMM-Mitarbeiterin Sema Mühlig-Versen.

Die Szenen wurden von Studierenden der Fachhochschule München zusammen mit den Theaterpädagogen Vivi Balby und Fritz Letsch (Paolo-Freire-Gesellschaft) sowie mit Kindern und Jugendlichen interessierter Einrichtungen für die Bühne geprobt. Die Grundidee ist ein Import aus Lateinamerika. Der Brasilianer Augusto Boal hat dort mit dem „Theater der Unterdrückten“ eine ganze Reihe von Methoden entwickelt, die auch in Deutschland helfen können, „unser Zusammenleben und unsere Rolle in der Gesellschaft besser zu sehen, zu verstehen und unsere eigenen, auch politischen Veränderungsmöglichkeiten zu entwickeln“, erklärt Marianne Seiler von INKOMM. Zum Teil aus Alphabetisierungsprojekten und zum Teil im Widerstand gegen Militärdiktaturen sind dort in den 60er- und 70er-Jahren Statuen- und Bilder-Theater entstanden, an die Boal heute anknüpft. Mit verschiedenen Gruppen von Benachteiligten hat er das sogenannte „Legislative Theater“ entwickelt. Hierbei werden mit dem Publikum eigene Gesetzesvorschläge entwickelt, die dann ganz real im Rathaus zur Diskussion gebracht werden. Im November 2000 waren Mitarbeiter des „Theater der Unterdrückten“ aus Rio de Janeiro in München zu Besuch und entwickelten mit INKOMM Szenen für ein Legislatives Theater. Im bayrischen Landtag kam es damals zu einer ersten Aufführung. Mittlerweile im 3. Jahr gibt es wieder ein Forum-Theater. „Leitplanke“ lautet das doppeldeutige Motto.

Kontakt:
Arbeiterwohlfahrt, LV Bayern e.V., INKOMM – Projektzentrum Interkulturelle Kommunikation, Frau Marianne Seiler, Rupprechtstr. 25-27, 80636 München, Tel.: 089/12164-306, Fax: -307, info@inkomm-awo.muc.kobis.de

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