„Die Wahrheit ist nicht in einem Traum, sondern in vielen Träumen.“ Pier Paolo Pasolini

Gramscis Asche

Ein Buch von Pier Paolo Pasolini http://www.planetlyrik.de/pier-paolo-pasolini-gramscis-asche/2018/10/ in dem er in Gedichten Bezug auf seine Arbeitsweise, die von Antonio Gramsci beeinflusst ist, nimmt:

Gramscis Asche: Die Kritische Pädagogik von unten bei Pier Paolo Pasolini wirkt in Film und Politik … Lebensdaten bis auf das noch recherchierte Ende https://de.wikipedia.org/wiki/Pier_Paolo_Pasolini

Die Filme von Pasolini wirkten im München der 1970er Jahre wie seltsam erfrischendes Regenwetter: Die französischen Filme waren dagegen nett und verspielt, auch in Beziehungen, die amerikanischen Filme waren für uns noch wenig in den Kinos interessant: Zu teuer oder dann so wie so später im fernsehen – das ich in der Zeit aber seltener gesehen hatte als die Filmkunst in etwa sieben zusammen arbeitenden Kinos mit gemeinsamen Reihen, wie mit allen Pasolini-Filmen, die meisten bis heute nicht übersetzt.

Dazwischen sein Bücher, Poesie und Politik, manchmal rätselhaft wie die Filme bleibend, aber so symbolisch anregend wie die von Jean Genet, noch kurz vorher verboten, unzüchtig.

„Doch sie, sie, das Kind, es reicht aus, dass sie für einen einzigen Moment vernachlässigt wird, sie fühlt sich für immer verloren.“ Pier Paolo Pasolini an Maria Callas

„Ich trauere um eine tote Welt. Aber ich, der ich trauere, bin nicht tot.“ Pier Paolo Pasolini https://youtu.be/8NiaQZR3ys0

Accatone

seine „brechtische“ Kameraführung war streng und die Augen schulend – gegen die moderne rauschende Bildermöglichkeit

Chaos gegen den Terror

Glossen und Kommentare zur Tagespolitik

Der Traum von einer Sache

  ... Reform des Bewusstsein nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, 
  sich selbst unklaren Bewusstseins, trete es nun religiös oder politisch auf. 
  Es wird sich dann zeigen, dass die Welt längst den **Traum von einer Sache** besitzt ...

Karl Marx, Brief an Ruge, Kreuznach September 1843

Pier Paolo Pasolini zitiert (wie Rosa Luxemburg) Karl Marx: Der Traum von einer Sache sind seine Jugenderinnerungen 1948 im friaulischen Bauerndorf, von dem die Jungs ins kommunistische Jugoslawien zum Arbeiten wollen, aber dort fast vor Hunger umkommen …

Pier Paolo Pasolini war in Italien einer der wichtigsten Weiter-Denker von Antonio Gramsci geworden, der allerdings – bewusst oder unbewusst – im kulturellen Antikommunismus der Unterhaltungsindustrie kaum erwähnt wird.

Leichter war es, seinen Ausschluss aus der Kommunistischen Partei, seine Filme und seine offen gelebte Homosexualität, in den 1970er Jahren noch skandalös, zu kommentieren, als seine analytischen Fähigkeiten.

Paulo Freire hat sich mit dem Begriff der Bewusstseinsbildung genau daran gemacht, die giftigen Mythen unserer Erziehung anzusprechen, das Theater der Unterdrückten von Augusto Boal hat im Forumtheaterdie Mechanismen durchsichtig gemacht, die unser Bewusstsein** unklar machen: Geschwurbel, „trete es nun religiös oder politisch auf“.

In den religiösen Semitismen begegnet uns nun eine besonders giftige Mischung, aus Beschneidungs-Religion mit Abstammungs- und Rassismus-Hintergrund und Jahrhunderten von Exil-Berichten, Landnahmen, Migrations-Geschichten eines „Auserwählten Volkes“, und dazu die Derivate der christlichen und islamischen eifersüchtigen Ein-Mann-Gott-Religionen, die damit konkurrieren.

Schon die germanologischen Nationalisten der Thule-Gesellschaft brachten die latente bayrische Judenfeindlichkeit, die in Behörden, Hochschulen und Militarismus und Presse gepflegt wurde, gegen die sozialistische Revolution in Stellung, bis ein (selbst „halbjüdischer“) katholischer Burschenschafter in Vertretung des Kardinals den Ministerpräsidenten ermordete …

https://kritische-praxis.blogspot.com/2021/05/pier-paulo-pasolini-der-traum-von-einer.html

Edipo Re – Bett der Gewalt

[Spielfilm][Italien_Marokko 1967] https://youtu.be/qW3DhKKOVoY

Die Ödipus-Mythologie und die Freud-These gegeneinander gedreht

Die Dämonin ermorden: https://youtu.be/qW3DhKKOVoY?t=2674 wie giftige Mythen?

Mit Julian Beck, dem Kollegen und (ersten) Mann von Judith Malina, der zweite Kollege und Mann wurde Hanon Reznikow im Living Theatre

TEOREMA

https://de.wikipedia.org/wiki/Teorema_%E2%80%93_Geometrie_der_Liebe Der sexuelle Aufbruch der 1968er: Ein junger Mann kommt in das Haus einer reichen Familie (Autoproduzent) und erregt Kontakt mit jeder Person, vom Hausmädchen, zum Sohn, der Tochter, der Mutter, dem Vater …

Freibeuterschriften

Es steht außer Zweifel, daß das Fernsehen autoritär und repressiv ist wie kein anderes Informationsmedium je zuvor. Pier Paolo Pasolini (5. März 1922 – 2. November 1975) : Alte und neue Kulturpolitik https://pbs.twimg.com/media/EvvGqoHXAAYQzqj?format=jpg&name=small

Zitate

“To be a poet, it takes time: many hours of solitude, the only way for something to take shape, to give style to chaos.” ~ Pier Paolo Pasolini from “The Religion of my Time,” 1958

„Um ein Dichter zu sein, braucht es Zeit: viele Stunden Einsamkeit, der einzige Weg, damit etwas Gestalt annimmt und dem Chaos Stil verleiht.“

 I now live inside the mirror,
 I am my own image immersed
 in the life of the blind light
 in the mirror of the boy
 imprisoned in the glare.

Ich weiß sehr wohl, wie widersprüchlich man sein muss, um wirklich konsequent zu sein.

 Ich gehe und lass dich zurück im Abend, 
 der, wenn auch traurig, so süß 
 auf uns Lebende fällt. 

Wer sie nicht mehr kennen wird, die überlebte Erde, wie könnte er uns verstehen? Könnte sagen, wer wir gewesen sind? Doch wir sind´s, die sie begreifen müssen, die neue Zeit…– Briefe @Wagenbach_News

„Der Tod besteht nicht darin,

 dass man sich nicht mehr mitteilen,
 sondern dass man nicht mehr verstanden werden kann.“ 

„Das Beste im Leben ist die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.“

 "Sie können nicht für immer lügen.
  Sie werden antworten müssen,
  früher oder später,
  mit Vernunft argumentieren,
  zu Ideen mit Ideen,
  mit Gefühl fühlen.
  
  Und dann werden sie schweigen:
  ihr Schloss der Erpressung,
  der Gewalt,
  von Lügen
  wird zusammenbrechen. "

I was tempted by holiness. Poetry was how.

„Pasolini betrachtet das, was auf der Welt passiert, mit unerschütterlicher Klarheit. (Es gibt Engel von Rembrandt, die den gleichen Blick haben.) Und er tut dies, weil die Realität alles ist, was wir lieben müssen. Es gibt nichts anderes.“ – John Berger

  Orte der Märkte, traurig
 Straßen rund um den Flusshafen,
 zwischen den Hütten und den gemischten Lagern
 bis zu den letzten Wiesen.
 Dort ist es sterblich #IlSilenzio

https://queer-kunst.blogspot.com/2021/03/whoever-says-truth-shall-die-pier-paolo.html

 "Ich vermisse die armen und authentischen Leute, die gekämpft haben, 
 um gegen den Boss zu kämpfen, ohne der Boss zu werden.
 Ich sehne mich nach der reinen und direkten Revolution der Unterdrückten, 
 die das einzige Ziel haben, sich frei zu machen und sich selbst zu beherrschen."
 Man muss sehr stark sein, um die Einsamkeit zu lieben. ...
 Es gibt wirklich keinen Trost ... 
 außer einen ganzen Tag und eine ganze Nacht vor sich zu haben, 
 ohne Pflichten oder Grenzen jeglicher Art.

PPP – Pier Paolo Pasolini Poeta Politico.

Pasolini ist der politisch engagierteste und diesbezüglich öffentlich exponierteste Dichter und Regisseur Italiens im 20. Jahrhundert. Alberto Moravia hat Pasolini als einzigartigen poeta civile, als engagierten Dichter im Kontext seiner Zeit gefeiert, dem das Paradox gelungen sei, die reaktionäre Dekadenz der Moderne mit der progressiven Theorie des Kommunismus zusammenzuführen.

In seinen Filmen, in denen er, wie in seinen Glossen und Texten nicht müde wurde, politische Missstände anzuprangern, fusioniert er Leben, Werk und Politik in einem Ausmaß, das im Verständnis moderner Methodik, auf Irritation gestoßen ist.

Abel Ferrara hat den engagierten Künstler in seinem Film PASOLINI (2014) mit viel Liebe zum Detail dargestellt. Er hat 1972 einen großen Teil seines Buchs »Empirismo eretico« (Ketzererfahrungen) der Filmtheorie gewidmet und ist mit seinen Ideen vor allem bei Umberto Eco auf großes Unverständnis gestoßen.

https://www.muenchner-stadtmuseum.de/fileadmin/relaunch-2019/Sammlungen/Filmmuseum/Filmreihen/PH43/pdfs/PH43_DS.pdf

Antonio Gramsci und Bert Brecht, Erwin Piscator und Judith Malina, Jean Genet, Michel Foucault und Peter Schult http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/4113, literarische Aufklärer wie Paulo Freire und im Theater Augusto Boal


Man muss schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben,
um die ästhetische Innovation zu erinnern,
und manche haben die 120 tage von sodom als grausig in erinnerung,
nicht aber den angriff auf die italienische rechte mit ihren eigenen symbolen.

diese hat sich wohl postwendend gerächt,
denn der polizeilich präsentierte einzeltäter hat nach vielen jahren haft
und nach dem tod wichtiger rechter geheimdienstler sein geständnis widerrufen.

ich bin derzeit auf der suche nach übersetzungen der theaterstücke orgia und der schweinestall, (il porcili), die aber wohl nicht offiziell in deutsch herausgegeben wurden.
Auch Übersetzungsskizzen würden mir reichen … traumhaft wären natürlich weitere Aufführungshinweise.

Todestag am 1. November

Der Tod nicht darin liegt, sich nicht mitteilen zu können,
sondern darin, nicht mehr verstanden zu werden

zum Beispiel: www.prisma-online.de/ga-bonn/person.html?pid=pier_paolo_pasolini

Schaubühne Lindenfels, 5. März 2003 Der Schweinestall (Il Porcile) Italien/Frankreich 1968/69, 98 min

Regie: Pier Paolo Pasolini (geboren 1922 – ermordet 1975) mit Pierre Clementi, Jean-Pierre Léaud, Alberto Lionello, Ugo Tognazzi, Anne Wiazemsky

In streng miteinander verflochtenen Episoden erzählt Pasolini die Geschichte zweier junger Männer, die aus ihren gesellschaftlichen Verhältnissen ausbrechen, aber am Ende auf makabre Weise scheitern: Der eine verfällt in einer wüstenhaften vulkanischen Landschaft dem Kannibalismus und wird zur Strafe selbst den Tieren zum Fraß vorgeworfen; der andere hegt eine Zuneigung zu Schweinen und endet als deren Opfer. Nach der Vorstellung auf der Biennale in Venedig fanden die Kritiker den in einen ,metahistorischen‘ (mittelalterlichen?) und einen ,modernen‘ Abschnitt aufgeteilten Film fast durchgängig unangenehm und unverständlich. (aus „casablanca-dresden“)

“Ich habe meinen Vater getötet, menschliches Fleisch gegessen, und – ich bebe vor Freude!“

Es ist unangenehm, den jungen Wilden (Pierre Clementi) in der gespenstisch kargen Vulkanlandschaft auf der gierigen Suche nach Fressen zu begleiten und sein schonungsloses Tun nachzuvollziehen: Die abgehauenen Köpfe verschwinden in schwefligen Kratern. Der akzeptable Rest wird besinnlich am Feuer verzehrt. Das filmische Schweigen in dieser Episode lässt die Distanz zu derart asozialem Tun verschwinden, beschwert sie nicht durch Interpretation. Aus dem tierhaften Bedürfnis des (wunderschönen) Wilden erwächst ein grauenvolles Handeln, irritierenderweise übersetzt in äußerst poetische und direkt verständliche Kino-Bilder.

In einer anderen Zeit dagegen, 1967, in der prunkvollen Villa eines deutschen Industriellen, wird unentwegt gesprochen. Julian (Jean-Pierre Léaud) spricht mit Ida. Sie sitzen oder stehen sich ungelenk und grotesk gegenüber. Auch sein Vater (Alberto Lionello) und seine Mutter sprechen. Sie sprechen über Julian. Mit ihm stimmt offensichtlich etwas nicht. Er ist nicht folgsam genug, um in die korrupte wirtschaftliche Welt des Vaters einzutreten, aber folgsam genug, um nicht vernichtet zu werden. Alles in allem reicht es, wenn man lediglich über ihn spricht.

Ida (Anne Wiazemsky) kann die Liebe des ironisch-distanzierten Jungen jedoch nicht erbetteln, nicht herbeireden. Die familiäre Nähe zur „Zukünftigen“ und sein abgeklärte Spiel von Abweisung und intellektueller Distanzlosigkeit reißt ihr das Herz aus dem Leib. Was sie nicht weiß, und was er als sein zynisches Geheimnis hütet, ist, dass er Schweine liebt. Zum Schweinstall (den Pasolini nie zeigt!) zieht es ihn. Jedoch im Schloss, unter Menschen, verfällt er in Gleichgültigkeit oder triumphale Starre.

So fühlen sich beide, der Kannibale und Julian, den Tieren näher als den Menschen. Der eine offen, der andere heimlich. Bei einem wird es gezeigt, beim anderen nicht (Julians Geheimnis ist im Filmverlauf nur schwer herauszufiltern), wie es sich für eine angeblich zivilisierte menschliche Gesellschaft gehört.
Pasolini, der als Sohn eines faschistischen Offiziers geboren wurde und der sehr wohl wusste, wie widersprüchlich man sein muss, um wirklich konsequent werden zu können, begann 1967 eine Reihe von Filmen, in denen heidnische Mythen mit archaischer Brutalität und unterm Aspekt moderner Problemstellungen neu imaginiert wurden.

„Der Schweinestall“ parallelisiert mittelalterlichen Kannibalismus und die postnazistische Zeit. „Die Krise des Marxismus hat mich sehr allein gelassen, und mein Film ,Porcile‘ ist in dieser Zeit gereift. In meinen ersten Filmen habe ich mich mit einer einfachen, epischen Sprache ausgedrückt, weil ich mich – mit Gramsci – auf ein national-populäres Bewußtsein beziehen wollte.

Aber ich muß wirklich befürchten, daß dieses Volk im gramscischen Sinne nicht mehr existiert, weil die Gesellschaft des Massenkonsums alles zerstört. Das ist der Grund, warum ich begonnen habe, Filme zu drehen, die auf einer Fabel, auf einer Allegorie beruhen, mit einer Problematik, die dadurch – dessen bin ich mir wohl bewußt – Gefahr läuft, dunkler, schwerer verständlich zu werden. Aber mir bleibt nichts anderes übrig: nur so kann ich versuchen, dem Kreislauf der Massenkultur, des Konsum-Produktes zu entkommen.“

Geht man davon aus, dass es sich bei dem Sujet um eine Allegorie handelt, kann sich das Dunkel ein wenig erhellen und verständlicher werden. Nachdem ein ahnungsloser Reisender auf bestialische Weise seine Frau verliert und sich darüber im Dorf beschwert, wird der Kannibale durch die katholische Kirche bestraft: er muss in der düstren einsamen Landschaft von Tieren gefressen werden.

Er findet ein Ende unter seinesgleichen. Der Menschenfresser bereut nicht: Er bebe vor Freude, denn er habe seinen Vater umgebracht und menschliches Fleisch gegessen. So die nahezu einzig gesprochenen Worte in der „poetisch-babarischen“ Zeit. Denn der junge Wilde braucht sich nicht mit seinen Schuldigern versöhnen. Durch ihr Einverleiben hat er sich längst von ihnen befreit.

In der Villa derweil holt Julians Vater zu einem kapitalistischen Triumph gegen einen wirtschaftlichen Widersacher aus. Herr Herdhitze (Ugo Tognazzi) aber, der bourgeoise Kriegsverbrecher, triumphiert ebenfalls, kennt er doch Julians Geheimnis. Und sein Vater lässt sich damit korrumpieren. So sind die Gleichgewichte vom Fressen und Gefressenwerden wieder hergestellt. Während das neue Gleichgewicht großbürgerlich mit Buffet und Musik gefeiert wird, geht Julian auf und davon. Ein paar Bauern berichten Herrn Herdhitze später von Julians Ende: nichts wäre mehr von ihm übrig. „

Nichts ?“, fragt dieser, “nicht mal ein Knopf? – Na, dann wollen wir es auch keinem verraten!“ Als direktes Symbol lässt es sich verstehen (nämlich als Pasolinis „wörtlich-barbarische“ Episode), wenn Julian, der zu einer Erpressung ausgenutzt wurde, von diesen/solchen Schweinen gefressen wird. Auch er findet ein Ende unter seinesgleichen, unter denen er sich sein Leben lang bewegte. Sein freiwilliger Gang zum Gefressenwerden zeigt, dass es der einzige Weg für ihn ist, sich aus seinem unnormalen Umfeld zu befreien: Ein allegorisches Pamphlet über die zynisch-hoffnungslose Situation der italienischen Nachkriegsjugend, eine völlig resignierte Absage an den Kannibalismus des neokapitalistischen Bürgertums.

23 Lang- und Kurzfilme hat Pier Paolo Pasolini zwischen 1961 und 1975 gedreht, beginnend mit ACCATTONE, einer modernen, in der Unterwelt Roms angesiedelten Passionserzählung, endend mit SALÒ O LE 120 GIORNATE DI SODOMA (120 TAGE VON SODOM), einem unbarmherzigen, schwarzen Loch der Filmgeschichte. Wie eine Dekade flackerte Pasolinis Leidenschaft kurz, unberechenbar und intensiv und dabei verstellten politisches Engagement und kontroverser Lebenswandel oft einen unvoreingenommen Blick auf das Werk.

So steht der Zuschauer den Gegensätzen in Inhalt und Form dieses Films fassungslos gegenüber, der in seiner ironisch-distanziert eingesetzten Schockästhetik mitunter an Bunuel erinnert. Die flüssigen harmonischen Bewegungen des Wilden in der windigen Landschaft beißen sich mit den abgenagten Unterarm-Knochen und dem Kamera-Focus auf zufrieden kauende Kinnladen. Im Gegensatz dazu stehen die steifen, angestrengten Bewegungen des modernen Menschen und mit seinen ausgefeilten Theater-Dialogen („Il Porcile“ wurde bereits als Theaterstück aufgeführt). Aus der Hochkultur-Villa dringt kein einziges barbarisches Bild, jedes asoziales Tun zeigt sich nur im Reden.

Wir haben hier ein ideologisches Mythentheater in apokalyptischer Tonlage, das den humanistischen Idealen des zivilisierten Zusammenlebens resigniert abschwört. Denn Pasolini zeigt nicht nur, wozu der Mensch (der Wilde) fähig ist, wenn die Umstände ihn dazu nötigen, sondern er zeigt insbesondere, was Menschen mit Menschen (in der Zivilisation) alles tun können, ohne sich im Unrecht zu fühlen. Für Pasolini ist dieses Zusammenleben wegen seines menschlichen Mißbrauchs ohne jeglichen Hoffnungsschimmer durchweg barbarisch.

(Anja Szymanski) – Zitate von Pier Paolo Pasolini www.leipzig-almanach.de/film_der_schweinestall_-_ein_film_von_pier_paolo_pasolini_anja_szymanski.html

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