Ob Heimkind, ob geprügeltes Kind, ob andere unsere Grenzen so verletzt haben, dass wir vor Scham im Boden versinken wollten:
Wir wollen es vergessen, wollen es ungeschehen machen und nicht mehr darüber reden. Wir brauchen alle Kräfte zum Überleben.
Ähnlich geht es jetzt ganz Vielen, denen die Nerven „blank liegen“ wie durchgescheuerte Elektro-Kabel, nach Überlastungen, zunehmenden Konflikten, fehlender Finanzierung.
Der Neoliberalismus der letzten 20 Jahre hat uns beigebracht, dass wir „alleine klar kommen“ müssen, höchstens mal aus-heulen bei Ärztin, Beratungsstelle oder Telefonseelsorge.

Die Heimat einer Selbsthilfegruppe

Weite am Speichersee

Weite am Speichersee

haben in München wohl gut 1500 Gruppen zu bieten, manche auch auf Video- oder Telefontreffen, manche real in Kleingruppen, je nach medizinischer Notwendigkeit und städtischer Erlaubnis.
Sich dort die ganze Offenheit zu erlauben, ist mutig, geht in manchen Gruppen leichter durch Anonymität oder das Versprechen der Vertraulichkeit.
Doch die Gedanken tauchen immer wieder einmal auf, belasten uns durch angestrengte Selbstkontrolle,
bis sie vielleicht durch Alter oder körperliche Störungen heraus brechen, oder die Ängste unser Leben bestimmen.
Es ist wie ein innerer Untergrund, den auch alle Untergrund-Kämpfenden kennen: Danach lässt sich kaum davon erzählen,
weil es für andere kaum zu glauben ist, weil sie den Belastungen und Gefühlen nicht folgen können.

Das macht noch einsamer.corona-Gnom

Trauma braucht Anerkennung: Eigene und Fremde. Erst einmal zugestehen, dass es so war, das es so ist, und dass es vorbei ist.
Andererseits braucht es auch die Integration: Dass es bei aller Belastung ein teil von mir geworden ist.Der Polizeiübergriff, die sexuelle Bedrängung, auch die eigene Schuld, der Anteil am Leid oder gar der Tod von Anderen:
Wir müssen es in unsere Lebensgeschichte integrieren, und das fällt Opfern wie Tätern gleich schwer, wird darum so oft verdrängt.

Da sterben alte Männer monatelang nicht, weil sie ihr Schweigen festhalten wollen, ihre alten Taten wissen, aber nicht aussprechen können,
oder beruhigen sich erst bei einer Lebensbeichte, und sind dann wirklich erleichtert und können los lassen …
da quälen sich Frauen ihr Leben lang mit den Erinnerungen und der vermeintlichen Schande ihrer Vergewaltigung im Krieg …

Die Unfähigkeit, zu trauern:

external image 41vcXznHHcL._SL500_AA300_.jpgDie Grundlagen kollektiven Verhaltens beschrieben die beiden Mitscherlichs, Margarete und Alexander.
Sie hatten in der Psychotherapie die Verdrängung so oft miterlebt und die bleibende Belastung empfunden:
Die Polizeiübergriffe der „Schwabinger Krawalle“ und der Friedens- und späteren Studentenbewegung mit mehreren Toten sprachen eine klare Sprache des alten Faschismus, ohne dass es den Agierenden wirklich deutlich werden konnte.

Gemeinschaftliche Bewältigung

Seit die gewalt-erfahrenen Heimkinder ihre Selbstorganisation aufbauten und nicht nur um Anerkennung und Entschädigung kämpfen, sondern auch austauschen, was ihnen die diversen Nonnen, Erzieher und Heimleitenden angetan haben, sind sie auf den Spuren der Bewältigung, die nicht nur in einzelner Psychotherapie bestehen kann: Wir brauchen auch die Anerkennung von außen, im Idealfall auch die Einsicht der Täter, um uns mit dem Schicksal zu versöhnen.

Trauer um das fest gehaltene und nicht-gelebte Leben

Manchmal befreit das Heulen, lautes Schimpfen und Schluchzen von dem angestauten Druck,

Der versäumte Abschied von der Volksgemeinschaft

Das politisch verordnete Schweigen der Nachkriegszeit, der Postfaschismus der 1950er Jahre nach dem Ende der Entnazifizierung, Die Giftigen Mythen wirken bis heute … nach schwacher „Entnazifizierunghttps://de.wikipedia.org/wiki/Entnazifizierung

Volksgemeinschaft war nach der kaiserlichen Untertanen-Zeit des Gehorsams so eine Versprechung für die junge Generation, wie dann das leer gewordene Wort Demokratie, je mehr wir über Korruption, Lobbyismus und politische Bezahlung in Parteien und ihren Umfeldern wissen: Derzeit auch gern im fingierten Grundstücks-Handel, was alle in den Ämtern miterleben können: Den Politikern günstig und unter Preis verkauft, häufen diese ihre Schätze für die Familienclans an …

Die Familien-Denkbilder der Feiertage, das weihnachtlich überbewertete Zusammentreffen, das der Großteil der Bevölkerung nur als bedrückendes Mythos  erlebt, sind aber in gefühligen Ansprachen angeblich erwartet.

Die Angst vor der eigenen Verantwortung

Auch, wenn wir lange Zeit im fremden Auftrag gehandelt, geschossen und getötet haben, oder auch nur zu kleinen Ungerechtigkeiten geschwiegen, es baut sich eine innere Abscheu auf, die vergessen lassen will, aber im Sinne unserer inneren Gesundheit keine Ruhe findet.

Psychoanalyse und „Vergangenheitsbewältigung“

Die Angst vor der Erinnerung: Er-Innern

Wenn das Innere, die Alp-Träume als Belastung, als Gefährdung erlebt werden, ist der erste Impuls so wie Weglaufen: Vergessen wollen, verdrängen, saufen.

Über andere Lösungen wird zu wenig gesprochen: Beziehungen können zwar manches auffangen, aber irgendwann sind sie selbst überlastet, bräuchten Begleitung.

Pflegende Angehörige, die selbst gewaltsam werden, finden natürlich NIE die Zeit, zu einer Selbsthilfe-Gruppe für Pflegende Angehörige zu gehen, aber die Selbsthilfe-Koordinationsstellen sind gerne bereit, bei der Gründung vor Ort oder in der nächsten Stadt zu helfen.

Gesellschaftliche Anerkennung

Es geht für die Einzelnen natürlich um die Eingrenzung des Schadens, der möglicherweise in langjährigen und wiederholten beruflichen Krisen und Rückschlägen bestehen kann, aber die bisherigen Anerkennungen (z.B. bei den Kirchen mit 5000 Euro) reichen kaum für eine kleine Therapie, und die Berichterstattung blieb nach den großen Skandalen auch wieder auf der Strecke:

Die Selbsthilfegruppen können eine Grundlage schaffen, dass in Zukunft angemessen berichtet wird, dass die Grenzverletzungen und die Spuren des Missbrauchs in den verschiedenen Bereichen,
auch im Sport und in den Jugendämtern, durch die die Schulen und die Verwaltung als Gewalt anerkannt werden. Auch wenn die Lehrerverbände noch uneinsichtig bleiben werden … twitter: @GewaltErziehung


Vergangenheitsbewältigung in der Altenpflege

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selbsthilfegruppen-und-selbstorganisierte-initiativen-als-systemrelevant-einordnen – ein Bild aus früheren Zeiten

Die Traumen der Erziehung und der Kriegserfahrungen werden durch innere Grundhaltungen an die nächsten Generationen weitergegeben: Die Lüge lebt in vielen Familien als Grundstruktur.

„Gegenüber der mythisierenden Praxis der herrschenden Eliten erfordert die dialogische Theorie, dass die Welt enthüllt wird. Es kann jedoch keiner die Welt für einen anderen enthüllen.
Obwohl ein Subjekt den Vorgang des Enthüllens für andere einleiten kann, müssen doch auch die anderen zu Subjekten dieses Vorgangs gemacht werden.“ (Paulo Freire: Pädagogik der Unterdrückten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1973, S.144)
Dank an das http://www.paulofreirezentrum. at

Forschendes Feld als gemeinschaftliches Erspüren von Hintergründen, Zusammenhängen, Motiven

Unser Bildungssystem hat uns auf Vereinzelung und verfolgen sowie verteidigen der eigenen Gedanken und Leistungen getrimmt.
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit wird zwar immer gefordert, aber wenig durch praktische Anleitungen und Beispiele vermittelt.

Ein forschendes Feld kann in gemeinschaftlicher Entwicklung auf spezifischer Einladung eine Situation schaffen, die alle zu ihren Beiträgen ermutigt und in gegenseitig vorgestellten Geschichten und Assoziationen alle Beteiligten anregt, über die bisher bekannten Möglichkeiten hinaus zu denken: Neue Seminar- und Veranstaltungsformen, die speziell zu den Themen passen, neue Arbeitsformen, die intensivere Begegnungen und qualitative Begleitforschung sichern.
Regelmäßige Reflexionen der Vorgehensweisen garantieren die Beteiligungen aller:

Die jeweilige fachliche Fragestellung und die persönliche Einschätzung sollen sich ergänzen, eine politische Einordnung verankert den Weg in die gesellschaftliche Verantwortung der Themen.

Im Forumtheater ist die Methode zu Hause:
Mit den „generativen Themen“ der Teilnehmenden starten wir den Lernprozess an den Konflikten, die im Augenblick wichtig sind, um das Lernen maximal zu motivieren: Was ärgerte mich zuletzt, wo empfinde ich wirkliches Unrecht, wie gestalten wir – mit interessierten Partnern – eine gesetzliche oder politische Veränderung?

Am Beispiel der Flüchtlingsarbeit:
Die beruflichen Mitarbeitenden starten Kreise mit den ehrenamtlich Einbezogenen zur gegenseitigen Fortbildung,
die im Prinzip der Kreisdiskussion (auch als Fishbowl bekannt) auch für die Migranten offen ist und von wechselnden Personen zusammengefasst übersetzt wird.

Am Beispiel der damaligen Montagsdemo München:
Kreise bilden, die ihre Interessen zusammentragen und kleine Treffen organisieren oder weitere Internet-Treffpunkte, um Themen wie Datensicherheit, Friedenspolitik, Geldsysteme, etc selbst zu bearbeiten. Gruppen mit Schülern, die für ihren diversen Unterricht Beiträge vorbereiten, zu eigenen Diskussionen in ihren jeweiligen Medienkreisen unterstützen, sie zu einem Gesprächskreis mit eigenen Bekannten einladen …

Am Beispiel einer sexualpädagogischen Arbeitsgruppe:
Das Fehlen der Begriffe und der Sprache in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, die in rechtspopulistischer Polarisierung gegen Gender-Gerechtigkeit als Gleichmacherei und Familienzerstörung nun gegen die gesellschaftliche Vielfalt polemisiert …
Reaktionäre Familienbilder als Projektionen von Zukunftsangst blenden die menschliche Selbstbestimmung lieber aus, verweisen alle abweichenden Lebensentwürfe in den Krankheitsbereich und in kriminelle Ansteckungsgefahr, wie das in den 50er Jahren üblich war: Information ist Verführung.

In der Fortbildung und Organisationsentwicklung kann die Arbeitsweise ankommen:
Wenn sich Defizite wie der tatsächliche Umgang mit biografischer Pflege zeigen, sind die Blockaden und Tabus ausfindig zu machen:
Traumatisierungen aus der Kindheit zwischen Flucht und Krieg belasten viele Senioren, aber durch die familiäre Tabuisierung auch die Familie und die nächsten Generationen.
In Fortbildungen für pflegende Angehörige, für Pflegeberufe, für alle Mitarbeitenden in Altenheimen und durch Publikationen kann die „Kriegskinder“-Thematik zur interkulturellen Einbindung migrierter Mitarbeitender beitragen.

Neben der eigenen Annäherung an die gefürchteten Themen ist auch die Annäherung an die Angst der sich bedroht fühlenden Menschen,
aber auch die Verhetzungs-Energie der reaktionären Einpeitscher und der profit-orientierten Sozial-Marketing-Manager zu ergründen: Armut und Lohnkürzungen sind kein Schicksal.
An welchem Punkt verlassen sie die eigene Logik, werden sie selbst lächerlich? Dort ist mit dem Spiegel schon eine Lösung zu sehen …

Gedanklicher Hintergrund ist die wissenschaftliche Entwicklung der Pädagogik von Paulo Freire, der nach Projekten der Alphabetisierung in Brasilien und (für den Weltkirchenrat) in vielen afrikanischen Ländern die Pädagogik der Unterdrückten zusammen mit den kollegialen Fortbildungen im Dialog entwickelte.

In den USA entstand aus den Forschungen zu kooperativen Arbeitsweisen die Lernende Organisation als kunden-orientierte Betriebsform. (Peter Senge, Fünfte Dimension)
Forschendes Feld im Blog und in Wikis: (nur archiv-Links: Entwicklung+des+sexuellen+Lebens
http://paulo-freire-akademie.wikispaces.com/Trauma-Bew%C3%A4ltigung

andere ähnliche Quellen
http://www.fh-potsdam.de/studieren/sozialwesen/studium/forschendes-lernen(wird fortgesetzt)

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