Die Reichen-Republik Anmerkungen zum Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung“ Das isw bringt einen Beitrag von Dr. Fred Schmid zum obigen Thema. Hier der Link: (PDF) http://www.isw-muenchen.de/download/reichenrepublik-fs-20120925.pdf … und hier der Schluß-Absatz:

Umfairteilen!
Ein Satz im Entwurf des Reichtumsberichts sorgte für helle Aufregung im politischen Berlin: „Die Bundesregierung prüft, ob und wie über die Progression der Einkommensteuer hinaus privater Reichtum für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben herangezogen werden kann“ ( A+R-Bericht, S. XLII).

Selbst die Andeutung einer Umverteilung von oben nach unten stieß auf den entschiedenen Widerstand der Ultra-Neoliberalen in Kabinett und Kapital-Presse. Das Rösler-Ministerium und die FAZ verlangten kategorisch die Streichung dieses Satzes: „Forderungen nach noch mehr Umverteilung sind für das Bundeswirtschaftsministerium nicht zustimmungsfähig“ und meinte damit nicht die seit Jahrzehnten betriebene Umverteilung von unten nach oben. Und Frau von der Leyen knickte auch prompt ein. Es gehe lediglich darum, private Spenden und Stiftungen zu erhöhen.

Befürchtet wird eine öffentliche Umverteilungsdebatte, eine Koalition der Gewerkschaften, Sozialbewegungen, Sozialverbände und der politischen Linken aller Schattierungen, die sich für höhere Steuern auf Großvermögen, Profite und Spitzeneinkommen einsetzt. Es geht bei den Herrschenden die Angst um, dass die 99 Prozent den politischen Druck entwickeln könnten, der notwendig wäre, um eine Umverteilung von oben nach unten durchzusetzen.

Ohne eine solche Besteuerung wird sich hierzulande nichts zum Besseren wenden, wird die Polarisierung der Gesellschaft weiter voranschreiten. Wie eine solche Besteuerung ausgestaltet wird, ist zweitrangig: Es kann durch eine Wiedereinführung einer Vermögensteuer geschehen, durch eine Erbschaftsteuer, die über Sozialkosmetik hinausgeht; durch eine einmalige Abgabe bei Geldvermögen und natürlich entsprechend progressiver Besteuerung von Profiten, Gewinneinkommen, Zinseinkommen und Spitzenverdiensten.

Klar ist: Jede Milliarde, die den Millionären zusätzlich weggesteuert wird, kann die staatliche Ausgabenpolitik zugunsten mehr Bildungs- und Sozialleistungen, zugunsten einer ökologischen Energiewende befördern. Es ist zudem eine Milliarde, die dem Finanz- und Spekulationskarussell entzogen würde.

Konsens sollte aber auch bestehen: Jede Besteuerung der Millionärsvermögen unterhalb des jährlichen Wertzuwachses dieser Vermögen, verhindert nicht eine weitere Akkumulation der Vermögen in den Händen weniger. Sie entschleunigt diesen Prozess bestenfalls, stoppt ihn aber nicht, sie verlangsamt vielleicht die Raserei auf den Finanzmärkten, bringt die Spekulationsräder aber nicht zum Anhalten.
Nur eine so genannte Substanzbesteuerung der Millionärsvermögen kann den bisherigen Verteilungstrend umkehren, sei es durch einen inmaligen Vermögensschnitt verbunden mit einem Schuldenschnitt oder durch eine kontinuierliche Besteuerung, die an die Substanz der Vermögen geht, diese also real abschmilzt.
Sie müsste bei den Millionärsvermögen bei über acht Prozent jährlich liegen; um etwa diesen Prozentsatz reichern sie durch entsprechendes asset management der Finanz-Vermögensverwalter ihre Schätze an. Dabei ließe sich zunächst eine erste Grenze des Abschmelzens setzen: Die Millionäre in Deutschland verfügen über einen Geldschatz von zusammen 2.200 Milliarden Euro.

Würde man über eine Millionärssteuer die Hälfte wegsteuern, könnte man sehr viel gegen die private und öffentliche Armut tun. Und keiner der etwa 850.000 Euro-Millionäre müsste einen Antrag auf HartzIV stellen. Eine solche Politik würde das im Grundgesetz niedergeschriebene Fundament des deutschen Sozialstaates ernst nehmen: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“ (Artikel 14,2). Der damalige Verfassungsrichter Böckenförde schrieb 1995 in seinem Minderheitenvotum zur Vermögensteuer den Satz, dass die Sicherung unbegrenzter Eigentumsakkumulation nicht Inhalt der Eigentumsgarantie sei (vgl. Heribert Prantl in SZ, 18.9.12).

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