Der für morgen, den 9. Oktober 2012, angesetzte Gerichtstermin zum Fall der Kündigung einer lesbischen Erzieherin durch die römisch-katholische Kirche vor dem Arbeitsgericht Neu-Ulm ist kurzfristig abgesagt worden, weil die Parteien sich geeinigt haben. Dazu erklärt Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die katholische Kirche scheut die öffentliche Diskussion über die Kündigungspraxis gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern. Deshalb hat sie jetzt den Vergleichsvorschlag des Arbeitsgerichtes akzeptiert.

Das Arbeitsgericht hatte die Parteien „auf die Vielzahl der Presseanfragen“ hingewiesen und vorgeschlagen, dass die Erzieherin die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses zum Ende der Elternzeit akzeptieren und ihr die katholische Kirche dafür im Gegenzug die übliche Regelabfindung zahlen soll. Diese ist sehr hoch, weil die Mitarbeiterin 14 Jahre bei der katholischen Kirche beschäftigt war. Das haben die Parteien akzeptiert.

Für die Erzieherin ist das ein voller Erfolg, weil sie mit ihrer Kündigungsschutzklage ohnehin nicht mehr hätte erreichen können (vgl. § 9 ff
Kündigungsschutzgesetz). Für die katholischen Arbeitgeber ist das ein erneuter Rückschlag, der zeigt, dass sie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts akzeptieren müssen.

Hintergrund: Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begleitet zur Zeit vier lesbische Lebenspartnerinnen als Beistand, die als Kindergärtnerinnen bei der katholischen Kirche beschäftigt sind und entlassen werden sollen, weil sie ein Kind geboren haben und deshalb eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft eingegangen sind. Die katholische Kirche würde die Frauen weiter beschäftigen, wenn sie sich bereit erklären würden, sich von ihrer Frau scheiden zu lassen und ihr Kind als Alleinerziehende großzuziehen.

Nachprüfungen haben ergeben, dass die Kirche in den betreffenden Einrichtungen nicht einschreitet, wenn Beschäftigte nichtehelich zusammenleben, nach einer Scheidung wieder geheiratet haben oder ihre Kinder nicht haben taufen lassen. Die katholische Kirche diszipliniert lediglich Lesben und Schwule, wenn sie eine Lebenspartnerschaft eingehen.

Allen Betroffenen raten wir dringend, sich an den LSVD zu wenden, wenn sie Probleme mit ihrem katholischen Arbeitgeber haben. LSVD-Bundesverband www.lsvd.de www.hirschfeld-eddy-stiftung.de
Mühlthal

Please follow and like us: