Hallo und Guten Tag liebe foodwatch-Interessierte,
Lebensmittelwirtschaft und Politiker gefährden bewusst die Gesundheit der Verbraucher, weil ihnen ökonomische Interessen wichtiger sind. foodwatch veröffentlichte heute eine politische Chronologie über die Amtshilfe beim gesetzwidrigen Verkauf von Lebensmitteln, die mit der giftigen Aromasubstanz Cumarin belastet sind.
Zum Jahreswechsel wird bei Labortests bekannt, dass Lebensmittel zu viel von dem leberschädigenden und krebserregenden Cumarin enthalten. Statt sofort tätig zu werden, treten Behörden und Lebensmittelindustrie nur langsam in Verhandlung und handeln schließlich nicht im Sinne der Verbraucher.
Zum Sommer, kurz bevor zimthaltiges Weihnachtsgebäck in die Regale kommt, spitzt sich die Situation zu. Im Juni gelingt es der Lobby der Lebensmittelwirtschaft, die Veröffentlichung eines Gesundheitsberichts des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu verzögern. Die Bürger erfahren erst Mitte September, dass sie stark mit Cumarin belastet werden, wenn sie zimthaltige Lebensmittel verzehren. Ende September treffen sich Ministerialbeamte mit Vertretern der Industrie, eine bundesweite Rückrufaktion steht im Raum. Das Argument der Industrie, dass Zimt ein Gewürz sei und deswegen der in der Aromenverordnung geregelte Cumarin-Grenzwert nicht angewendet werde dürfe, wird vom Bundesverbraucherministerium zurückgewiesen. Weil es immer enger wird, beruft der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft „Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL)“ eine Krisensitzung ein.
Wenige Tage später schlagen die Verbraucherminister der Länder Verzehrsempfehlungen vor. Bund und Länder benötigen nun ganze 14 Tage, um der Bevölkerung die maximalen Verzehrsmengen von hochgradig Cumarin-belasteten Lebensmitteln auszurechnen. Ist es ein Zufall, dass diese „Höchstwerte“ genau so viel Cumarin erlauben, wie in den höchstbelasteten Produkten gefunden wurde?
Die neuen „Höchstmengen“ für Cumarin liegen bis zu 33fach über dem gesetzlichen Grenzwert. Obwohl die Rechtslage seit 1988 eindeutig ist: Die in der Europäischen Union geltende Aromenrichtlinie 88/388/EWG und die deutsche Aromenverordnung legen einen Grenzwert von zwei Milligramm Cumarin pro Kilogramm Lebensmittel fest. Dies ist ein gesetzlicher Wert, an dem weder von Ministerien noch von Wirtschaftsverbänden herumzudeuteln ist.
Das PDF-Dokument „Cumarin in Zimt: Rechtsbruch von Amts wegen. Eine politische Chronologie von foodwatch“, finden Sie im Internet unter:
http://foodwatch.de/kampagnen__themen/zimt_und_cumarin/politik_und_industrie/chronologie
Eine spannende Unterhaltung wünscht das foodwatch-Team
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Aktueller Medientipp zum Thema Cumarin: Berliner Zeitung von heute, 07.11.2006: „Rückrufaktion für Weihnachtsgebäck gefordert.“ Artikel über die Forderung von foodwatch, alle Lebensmittel, deren Cumarin-Gehalt über dem Grenzwert liegt, zurückzurufen. Mit Statements von Thilo Bode und Barbara Hohl.
Im Internet unter http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/politik/601352.html
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21. November 2006 um 18:12 Uhr
foodwatch hat Strafanzeige gestellt gegen den Gebäckhersteller Lambertz, die Handelsketten Metro und Kaiser’s Tengelmann, das Bundesverbraucherministerium sowie den Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), den Lobbyverband der Lebensmittelindustrie. Sie alle sind an einem Rechtsbruch beteiligt: Es werden wissentlich zimthaltige Lebensmittel in Verkehr gebracht, die weit über dem gesetzlichen Grenzwert mit Cumarin belastet sind.
Die in der Europäischen Union geltende Aromenverordnung schreibt eine Höchstgrenze von zwei Milligramm Cumarin pro Kilogramm Lebensmittel vor. Cumarin kann die Leber schädigen und steht unter Verdacht, Krebs zu verursachen. Tests von foodwatch haben gezeigt, dass Zimtprodukte ein Vielfaches dieser natürlichen Aromasubstanz enthalten können und trotzdem verkauft werden. Nach foodwatch vorliegenden Dokumenten wussten Hersteller, Händler und Politiker schon seit langem von dem Problem. Doch um die wirtschaftlichen Interessen der Industrie zu schützen, erfanden Bund und Länder plötzlich neue, industriefreundliche „Höchstmengen“, die um das 33fache über dem gesetzlichen Grenzwert liegen, und gaben realitätsferne „Verzehrsempfehlungen“.
Der Cumarin-Skandal zeigt, wie rücksichtslos sich die Industrie – toleriert von den verantwortlichen Behörden – über die Rechte der Verbraucher hinwegsetzt. foodwatch wehrt sich im Namen der Verbraucher gegen den durch Behörden autorisierten Rechtsbruch und hat Strafanzeige gestellt. Die Staatsanwaltschaft entscheidet nun, ob es zu einer Anklage kommt.
Die Strafanzeige von foodwatch finden Sie im Wortlaut als PDF-Dokument auf der foodwatch-Internetseite unter:
http://www.foodwatch.de/kampagnen__themen/zimt_und_cumarin/politik_und_industrie/strafanzeige
Medientipp: Der aktuelle Spiegel Nr. 47/2006 hat auf Seite 16 das Thema Cumarin und die Anzeige von foodwatch aufgegriffen mit dem Titel „Zankapfel Zimtsterne“:
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,449286,00.html