la mirada distinta | Film
Freitag, 22. Februar 20:00 Uhr
KulturLaden Westend, Ligsalzstraße 44 (Rückgebäude)
Gladio Geheimarmeen in Europa
Deutschland, 2010, 85 Min., R: Frank Gutermuth, Wolfgang Schoen
Mitte April beginnt in München der Prozess gegen den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Nicht auf der Anklagebank werden diejenigen FunktionärInnen staatlicher Organe sitzen, die offensichtlich den Naziterror gedeckt und wahrscheinlich auch unterstützt haben.
Mittlerweile befassen sich zahlreiche Untersuchungsausschüsse mit diesem Sachverhalt. Die begründete Vermutung, staatliche Stellen könnten die Terroranschläge gefördert haben, sorgt für eine breite Empörung. Dabei ist die enge Zusammenarbeit zwischen Staat und terroristischen, neo-faschistischen Gruppen in Westeuropa nicht auf den Fall der NSU bschränkt.
Der Film Gladio Geheimarmeen in Europa beleuchtet einen Aspekt davon:
1969 sterben in Mailand 16 Menschen bei einem Bombenanschlag. Im August 1980 detoniert eine Bombe im Bahnhof Central in Bologna – 85 Menschen verlieren ihr Leben. Im September des gleichen Jahres gibt es in Deutschland den schwersten Bombenanschlag der Nachkriegsgeschichte. 13 Menschen sterben auf dem Münchner Oktoberfest.
Im Lauf der Jahre häufen sich die Indizien, dass diese Anschläge in einem bestimmten Zusammenhang stehen: Alle Täter kommen aus dem Umfeld rechtsradikaler Gruppen, mehrfach wird militärischer Sprengstoff benutzt. Die Spuren führen zu einer geheimen Struktur, koordiniert von der NATO und den nationalen Geheimdiensten ohne parlamentarische Kontrolle. Ihr Name: „Stay behind“, später auch „Gladio“.
Sie geht auf eine US-Initiative für „verdeckte Operationen“ von 1948 zurück. Im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Westeuropa sollten Sabotageakte und Guerillaoperationen durchgeführt werden. Doch der sowjetische Angriff blieb aus. Was aus den geheimen Strukturen wurde, ist weitgehend unbekannt. Gladio wird jedoch verdächtigt, im Umfeld rechtsradikaler Gruppen Gewalttaten im Auftrag politisch interessierter Seite begangen zu haben.
1990 räumt der damalige italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti öffentlich ein, dass Gladio nicht nur in Italien, sondern europaweit existiert. Eine umfassende Aufklärung findet nicht statt. Obwohl es z. B. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Gladio und dem Oktoberfest-Attentat gibt. Die Ermittlungen werden eingestellt. Die Asservate, die dank neuer, kriminaltechnischer Methoden Hinweise geben könnten, sind mittlerweile vernichtet.
Die Frage, ob Faschisten Gladio-Strukturen auch in Deutschland benutzt haben, bleibt offen. Die Wahrheit über Gladio findet sich in den Archiven unter Verschluss. Nur deren Öffnung könnte Klarheit bringen, aber dazu fehlt bis heute der politische Wille.
Im Anschluss an den Film wird ein Überblick über die geplanten antifaschistischen Aktivitäten zum NSU-Prozess gegeben
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