Antrag zur Bewerbung der Stadt München und der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen zu den Olympischen Winterspielen 2018
Es wird beantragt:

Der Bezirkstagspräsident möge der Stadt München und der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen schriftlich mitteilen, dass der Bezirk die Bewerbung der beiden Kommunen für die Olympischen Winterspiele im Jahr 2018 ausdrücklich ablehnt.

Der Bezirk äußert seine Sorge, dass mit der Durchführung dieser Spiele kulturelle, heimatkundliche, landschaftspflegerische und Naturschutz-Belange aus dem Blickpunkt geraten und eine Event-Kultur, der es vor allem um den Profit bei Großveranstaltungen geht, abzulehnen ist.

Begründung:

I. München liegt nicht in den Alpen – staatliche Gelder bereits jetzt verschwendet

1. Die Olympischen Winterspiele sollen in einer Stadt stattfinden, die nicht in den Alpen liegt. Was „die Alpen“ sind, dazu gibt es mehrere Definitionskriterien. Der Alpenwissenschaftler, Prof. Dr. Werner Bätzing hat in seinem Standardwerk Alpen-Definitionen aus naturwissenschaftlicher, touristischer, staatlicher, bergbäuerlicher und alpenpolitischer Perspektive erläutert. Keine dieser Perspektiven würde die Stadt München als Teil des Alpenraums beinhalten (S.21ff). Auch im Standardwerk der Innsbrucker Universitätsgeografen Keller & Förster (2007) ist München nicht als Teil der Alpen verzeichnet.

2. Mehr als die Hälfte der Veranstaltungen dieser Winterspiele ist nicht in München geplant, sondern in der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen sowie in Schönau am Königsee (Bob- und Rodelwettbewerbe) und in Oberammergau (Langlaufwettbewerbe).

3. Kritik am Beschluss der bayerischen Kommunen kommt von vielen kompetenten Sportberichterstattern, von Ökologieverbänden und von Fachleuten, die sich seit Jahren mit der Vergabepraxis des IOC, der Finanzierung der Spiele, der Frage nach der vollständigen Ökonomisierung des Sports unter dem Deckmantel von Völkerverständigung und Frieden beschäftigen: Deutsche Bewerbungen – ob nun Berchtesgaden (für die Winterspiele 1992), Berlin (Sommer 2000) oder Leipzig (Sommer 2012) – hatten zudem immer Transparenzprobleme.

Nach diesen Bewerbungen rügten Rechnungshöfe und Untersuchungskommissionen den katastrophalen, unsachgemäßen Umgang mit Steuermitteln und die Verschwendung öffentlicher Mittel. Bis jetzt haben die bayerischen Bewerber kein belastbares Finanzierungskonzept vorgelegt, weder die Bewerbungsgesellschaft, noch die Stabsstelle München 2018 oder die entsprechenden Gremien der Landesregierung und des Bundesinnenministeriums.

Der Bürgermeister Münchens behauptet nach wie vor, es würden sich private Investoren finden. Allerdings sind lediglich Steuergelder in enormem Ausmaße für die Bewerbungskampagne verschwendet worden. Und als Geldgeber sind Sparkassen und andere Einrichtungen (z.B. die Flughafen München GmbH, die zu 51% dem Freistaat Bayern, zu 26 Prozent der Bundesrepublik Deutschland und zu 23 Prozent der Landeshauptstadt München gehört) als Sponsoren dabei, die vor allem öffentliche Mittel als Spenden verwenden.

Viel mehr als das Versprechen, dass die Bewerbungsphase bis zur IOC-Entscheidung im Juli 2011 in Durban mit 30 Millionen aus der Privatwirtschaft finanziert werden soll, gibt es bisher nicht. Die Zahlen werden nicht offen gelegt.

II. Nachhaltigkeit

4. Der Begriff der Nachhaltigkeit bzw. der nachhaltigen Nutzung stammt aus der Forstwirtschaft und bezeichnet dort eine Nutzungsform, die dem Wald nur so viel Holz entnimmt wie nachwächst, sodass der Waldbestand durch die Nutzung weder reduziert noch in seiner Struktur verändert wird. In Bezug auf Wintersportveranstaltungen, die sich als nachhaltig bezeichnen, bedeutet die Verwendung des Begriffs, dass diese Großevents nicht lediglich den Arbeitsmarkt beleben und den Tourismus fördern sollen, sondern vielmehr die ökologischen, sozialen und ökonomischen Strukturen einer Region so zu nutzen und hinterlassen, dass die in der Region lebenden Menschen in Bezug auf diese Dimensionen ihren Arbeits- und Lebensort ebenso – wenn nicht besser – nutzen können sollten als vor einer Großveranstaltung.

Wenn man weiß, wie hoch sich die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen bereits wegen der umstrittenen Ausrichtung der Ski-Weltmeisterschaften im Jahr 2011 verschuldet hat, kann man ermessen, welche finanziellen Probleme auf den Ort zukommen werden. Dass in Garmisch-Partenkirchen durch Zerstörung wertvoller und geschützter Landschaften Wintersport-Flächen geschaffen werden können, hat der Bund Naturschutz kritisiert.

Die Kommune hat in den letzten Jahren 60 Millionen Euro in den Wintersport investiert; für Kinderkrippen dagegen mag der CSB-Bürgermeister Thomas Schmid das Geld nicht ausgeben. „Bis 2013 müsste Garmisch-Partenkirchen 67 neue Plätze aufbauen, um den staatlichen Vorgaben zu entsprechen“ (SZ 30.3.2009).

Auch in München und Garmisch-Partenkirchen wird damit geworben, 2018 sollen nachhaltige und ökologische Winterspiele durchgeführt werden. Tatsache ist jedoch, dass bereits der Bund Naturschutz und der alpine Umweltschutzverein mountain wilderness aus der Fachkommission Umwelt der Planungsgesellschaft des DOSB ausgetreten sind, weil sie sich nicht als ökologisches Feigenblatt missbrauchen lassen wollen.

In einem Brief an Michael Vesper vom DOSB zum Austrittbemängelt mountain wilderness bspw., dass „wir und die Umweltverbände nicht schon während der Konzeptionierung hinzugezogen [wurden], sondern erst danach“ (24.6.2009). Außerdem sei für die Durchführung der Veranstaltungen die Sicherstellung künstlicher Beschneiung notwendig, was die Alpenschutzorganisation aus Energie- und Wasserverbrauchsgründen generell ablehne.

Inzwischen hat sich auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) für ein ökologisches Konzept in Bezug auf die Bewerbung für 2018 ausgesprochen, das durch die Bewerber auf keinen Fall umgesetzt werden wird: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und Abwicklung von 80% des Verkehrs über jenen – ohne zusätzlichen Autobahnausbau nach Garmisch.

Bleibt das Argument, die Olympischen Spiele würden Garmisch-Partenkirchen für Touristen attraktiver machen und Arbeitsplätze fördern. Thomas Bausch, Professor für Touristik an der Hochschule München, hat in seiner Studie vom April 2009 deutlich gemacht, dass Großveranstaltungen in Garmisch-Partenkirchen sicher nicht zu mehr Tourismus führen dürften, weil gerade die Klientel, die vermehrt in Orten wie Garmisch Urlaub machen will, sich von einem Ort abwenden wird, der umweltfeindliche Eingriffe in die Natur vornimmt und langwierige Baumaßnahmen vornehmen muss, um Sport-Großveranstaltungen durchführen zu können. Und die Behauptung des vom Bundestag verabschiedeten Antrags, Olympische Spiele würden eine „wirtschaftliche Aufbruchstimmung“ erzeugen, hat keine fachwissenschaftliche Grundlage: weder Volks- noch Betriebswirte, die sich im Feld von Sport-Events wissenschaftlich auskennen, haben dazu jemals eine aussagekräftige Studie erstellt.

Weil die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen diese Argumente kennt, die Mehrheitsfraktion des Christlich-Sozialen Bündnisses jedoch die Bewerbung will (nach dem Motto: die Schulden für die Ski-WM 2011 werden durch die Gewinne aus den Olympischen Spielen 2018 getilgt…), hat die Kommune einen Umweltbeauftragten installiert, der die Feigenblattfunktion erfüllen will: Der pensionierte Professor Dr. Wolfgang Sailer greift den Bund Naturschutz an und behauptet, das sei alles „Mumpitz“, was dieser in seiner ablehnenden Stellungnahme behaupte.

Klimaerwärmung spiele keine große Rolle in Bezug auf die Olympischen Spiele 2018 und das IOC sei extrem lernfähig. Nachhaltigkeit sei das absolute Kriterium für die Spiele, und Garmisch-Partenkirchen werde sich auf alle Fälle nachhaltig entwickeln.

III. Demokratie außer Kraft gesetzt

5. Das größte Problem dieser Olympia-Bewerbung ist jedoch auf demokratie-politischer Ebene zu sehen. Der Münchener Bürgermeister Christian Ude will diese Spiele mit nur einem Argument in München haben: München wäre dann die einzige Stadt, in der Sommer- und Winterspiele stattfinden würden. Von Anfang an wurde Udes Parole von SPD und GRÜNEN im Stadtrat akzeptiert: Kein kritisches Wort zur Bewerbung war erlaubt – denn Kritik behindert die Bewerbung.

Wenn jedoch über ein öffentliches Projekt, das bereits jetzt mehrere Millionen Euro öffentliche Gelder verschlungen hat, mit den BürgerInnen nicht gesprochen und gestritten wird, dann muss sich die Stadt nicht wundern, dass auch die privaten Investoren keinen Grund sehen, Geld für dieses von Christian Ude durchgepeitschte Projekt auszugeben. Olympische Winterspiele sollen in Wintersportorten stattfinden und nicht in Orten, die weder Skipisten noch Langlaufloipen noch Rodel- und Bobbahnen von genügender Qualität besitzen.

6. Der Bezirk Oberbayern steht für nachhaltiges Wirtschaften, Förderung und Entwicklung regionaler sozialer und kultureller Strukturen und eine Heimatpflege, die Landschaft, EinwohnerInnen und Kultur für die Menschen, die dort leben, arbeiten und sich erholen wollen, auf eine sanfte Art zusammendenkt.

Eine Großveranstaltung in München wie in Garmisch-Partenkirchen würde ökologisch wertvolle Gebiete des Bezirks zerstören und eine wichtige Region für ein kurzfristiges, nur auf Profit orientiertes Sport-Event ebenso opfern wie staatliche Gelder, die wahrlich für bessere Zwecke eingesetzt werden können.

gez. Beate Jenkner – Prof. Dr. Klaus Weber