„der darauf zielt, „die Architektur des europäischen Hochschulsystems zu harmonisieren“ und in Wahrheit ein konzertierter Angriff auf den öffentlichen Gebrauch der Vernunft ist.“

Die Hochschul-Reformen in der „Harmonisierung“ sollte ein Wettbewerb der Hochschulen sein, aber waren sie Wettbewerbsfähig?

Zugrunde liegt diesen Reformen das Bestreben, die Hochschulbildung der Aufgabe unterzuordnen, konkrete gesellschaftliche Probleme durch Herstellung von Expertenmeinungen zu lösen. Dabei verschwindet die wahre Aufgabe des Denkens: nicht nur Lösungen für Probleme anzubieten, die von der „Gesellschaft“ – in Wirklichkeit von Staat und Kapital – geschaffen worden sind, sondern über die eigentliche Form dieser Probleme nachzudenken; ein Problem auch genauso zu erkennen, wie wir ein Problem wahrnehmen.

Die Reduzierung der Hochschulbildung auf die Aufgabe, gesellschaftlich nützliches Expertenwissen zu produzieren, ist die paradigmatische Form von Kants „privatem Gebrauch der Vernunft“ – das heißt ein Vernunftgebrauch, der durch kontingente, dogmatische Vorannahmen beschränkt ist – innerhalb des heutigen globalen Kapitalismus. In Kant’schen Begriffen bedeutet dieser Vernunftgebrauch, dass wir als „unmündige“ Individuen handeln, nicht als freie menschliche Wesen, die sich in der Dimension der Universalität von Vernunft bewegen.

Es ist wichtig, den Vorstoß zur stromlinienförmigen Vereinheitlichung der Hochschulbildung – nicht nur in Form direkter Privatisierung oder Assoziierung mit der freien Wirtschaft, sondern auch in dem allgemeineren Sinne, dass Bildung auf die Produktion von Expertenwissen ausgerichtet wird – mit dem Prozess der Privatisierung von intellektuellem Gemeingut in Zusammenhang zu bringen. Dieser Prozess ist selbst Teil einer globalen Transformation der ideologischen Benennungen.

 

Übersicht Zeit der Monster Ein Aufruf zur Radikalität von Slavoj Zizek

Slavoj Zizek ist Philosoph und Psychoanalytiker. Zuletzt erschien von ihm „Das Unbehagen im Subjekt“, Wien (Passagen) 2010