Wir hatten es für annähernd normal gehalten, was der bayrische Landtag in den 60er Jahren in Diskussionen auf den absurden Vorschlag von Frau Hamm-Brücher diskutierte: Die Prügelstrafe in der Schule abzuschaffen. Sie war unser beinah alltägliches erleben, und auch die alten Fräuleins nutzten den Tatzenstock reichlich. Nur war es bei einigen Lehrern und dem Rektor auch klarer Sadismus, und Kaplan Stadlthanner drehte uns die Schläfenhaare, bis wir jaulten, wenn er den Katechismus abfragte.

Das edle Haus Altmann, an dessen Park (und seinem manchmal offenen Tor) ich immer auf dem Weg in die Kirche vorüberging, war immer geheimnisvoll, die Mutter krank, hieß es, aber die SS-Mitgliedschaft war nicht ruchbar geworden, weil die Bürgerschaft an solchen Punkten dicht hielt: Dort hatte es angeblich kaum Nazis gegeben.

Das Hauptstaatsarchiv München birgt ein paar Blätter, auf denen jemand zusammengestellt hatte, dass der Butter und Käsehändler, der Fotograf (in jedem Haus ein Hitlerbild!) und durchaus noch etliche edle Bürger schuldig geworden waren, aber auch die Klöster deckten auf der Rattenlinie Leute wie den Judenschlächter der Slowakei, weil er ja Priester war. Am Schweigen ist das Leben in der Stadt erstickt.

Der Lehrer Johann Korbinian Spahn drischt vor versammelter Klasse auf den nackten Hintern des gerade in Ungnade gefallenen Schülers und zwingt ihn, die Ablassformel zu brüllen: »Ich bitte um Barmherzigkeit!« Der Religionslehrer Josef Asenkerschbaumer klärt Kinder über Sünde auf, indem er Bilder einer Frau verteilt, in deren Rücken es von Würmern und Schlangen wimmelte.
http://www.zeit.de/2011/37/Rezension-Interview-Altmann

Mein Vater war ja nicht der einzige Mann, der als seelischer Krüppel aus dem Krieg nach Haus gekommen ist.
https://www.faz.net/artikel/C30712/andreas-altmanns-neues-buch-scheissgebete-30496762.html

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