Mieten in München steigen – wie sollen die Empfänger von Hartz IV & Grundsicherung mit halten, wenn das Amt nicht mit-halten will?
Pressemitteilung IGEL-München https://igel-muc.de
Wir werden später auch auf https://igel-muc.de über die aktuelle Rechtsprechung des Landessozialgerichtes Bayern zu den Mietobergrenzen berichten. Betroffen war diesmal Hof bei Nürnberg – die neuen Urteile entfalten aber auch Außenwirkung auf die LH München und deren Bestimmung der Mietobergrenzen:
München, 14. November 2018
Wohnst Du noch oder lebst Du schon? [Frei nach IKEA]
1. Neue Urteile des Landessozialgerichtes Bayern zur Mietobergrenze
2. Geschichte der Mietobergrenze München: Blockade und Verschleppung gegen-hartz.de
– 5. November 2018
LandesSozialGericht München kippt Obergrenzen für Hartz IV Beziehende in Stadt und Kreis Hof
Die Kommunen versuchen mit aller Härte die angemessenen Mietgrenzen für Hartz IV Leistungsberechtigte so tief wie möglich anzusetzen, um den Kostendruck auf die Betroffenen abzuwälzen.
Doch das Bayerische Landessozialgericht (LSG) (Az.: L 11 AS 52/16 und L 11 AS 620/16) hat dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben. Die Richter entschieden, dass diese Handhabung rechtswidrig ist.
Liegen deutlich mehr als die Hälfte aller Hartz-IV-Bezieher einer Kommune bei ihren Mieten über der Grenze, die eine Kommune als „angemessen“ ansieht, darf dies nicht ohne Folgen bleiben. Die Kommune muss die hohen Mieten in ihrem Konzept über die zu zahlenden angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigen, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) (Az.: L 11 AS 52/16 und L 11 AS 620/16).
Die Münchener Richter rügten, dass Stadt und Landkreis Hof die zu übernehmenden Unterkunftskosten viel zu niedrig angesetzt haben und damit das menschenwürdige Existenzminimum der Hilfebedürftigen gefährdet wird. […]
Quelle: https://www.gegen-hartz.de/urteile/mietgrenzen-kippten-obergrenze-hartz-iv-140237-2
Aktuelle Urteile Bayerisches Landessozialgericht: L 11 AS 52/16: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=199780
L 11 AS 620/16: https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=199781
2. Blockade & Verschleppung
Geschichte der Mietobergrenzen der Landeshauptstadt München
Zum damaligen Sozialgerichtsverfahren, das letztlich 2014 nach fünf Jahren Arbeit endlich zu einer jährlichen Anpassung der Münchner Mietobergrenzen im Stadtrat geführt hat, hatten wir schon am 1. März 2014 berichtet: http://igel-muc.de/rssshow.php?guid=20140301
Das Bayerische LSG schloss sich bereits in seinem Urteil vom 11.07.2012 der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2009 an, in dem die komplexen statistischen Verfahren und Regularien zur Ermittlung der Mietobergrenzen erläutert wurden:
Bayerisches LSG, Urteil vom 11.07.2012, Az: L 16 AS 127/10 https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=155401
Bundessozialgericht, Urteil vom 19.02.2009, Az: B 4 AS 30/08 R https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=89866
Am 12. Juli 2012 berichtete auch Sven Loerzer über das Urteil in der Süddeutschen Zeitung, mit dem wir am Tag der Urteilsverkündung vor dem Verhandlungssaal sprechen durften: Wie Hartz-IV-Empfänger wohnen dürfen https://www.sueddeutsche.de/muenchen/gerichtsentscheidung-in-muenchen-wie-hartz-iv-empfaenger-wohnen-duerfen-1.1410309
Obgleich die Vertreter des öffentlichen Interesses, also der Rechtsstelle des Jobcenters München [SGG], die unter Fachaufsicht der Bundesagentur für Arbeit und eben nicht unter der Fachaufsicht des Sozialreferates der LH München steht, genau wussten, dass eine sogenannte Zulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichtes, eine Revision nicht zuzulassen, keinerlei Aussicht auf Erfolg haben werde, wurde das Verfahren auf diese Weise (leider rechtmäßig, aber winkel-advokatisch) um mehr als ein weiteres Jahr verschleppt, um die Mietobergrenzen so spät wie nur irgend möglich an den realen Münchner Wohnungsmarkt anpassen zu müssen.
Rudolf Stummvoll als Vorkämpfer der Blockadepolitik gegen die Anpassung der Mietobergrenzen an reale Münchner Mieten
Erst am 10. September 2013, also 14 Monate später, wurde die damalige Entscheidung des LSG Bayern demnach rechtskräftig.
Trotzdem verzögerte in der Folge diesmal das Münchner Wohnungsamt in Gestalt seines Leiters Rudolf Stummvoll jede Anfrage und Abstimmung mit parteiexternen Stadratsmitgliedern, sodass es erst des Antrages der damaligen Stadträtin Dagmar Henn vom 5. Februar 2014 im Sozialausschuss des Stadtrates bedurfte, um über die damalige Sozialreferentin und berufsm. Stadträtin Brigitte Maier den Leiter des Wohnungsamtes zur Aufgabe seiner verwaltungspolitischen Blockade zu bewegen und am 17. Juli 2014, endlich, mehr als fünf Jahre nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die erstmalige Anpassung der Mietobergrenzen zu beschließen:
Antrag von Dagmar Henn vom 5. Februar 2014: Mietobergrenzen an die Wirklichkeit anpassen!
https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3239949.pdf Beschlusseentwurf/Referentenvorlage vom 17. Juli 2014
Vorlagen-Nr.: 14-20 / V 00024: https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/3343108.pdf
Zur nachträglichen Ehrenrettung der Sozialreferentin Brigitte Maier sei angemerkt, dass sie sich im Schatten des Verfahrens, am 25. März 2013 zwar rechtlich betrachtet naiv, aber dennoch politisch blauäugig beim Bundesministerium für Arbeit & Soziales um eine „Ausnahmegenehmigung“ für die LH München einsetzte, den seit der Hartz-IV Reform 2005 bundesweit geltenden § 22 SGB II so anzuwenden, wie er vor der Gesetzesreform im Bundessozialhilfegesetz geregelt war.
Demnach wurden damals die Mietobergrenze übersteigende Mieten durch die Sozialbehörden zwar moniert, den Leistungsberechtigten Arbeitslosengeld- und Sozialhilfe-Empfänger_innen aber bei Unzumutbarkeit eines Umzuges dennoch die gesamte (zu teure Miete) beglichen:
Schreiben der Soziareferentin vom 25.03.2014 https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/SITZUNGSVORLAGE/3292806.pdf Der Stadtrat der LH München hat seit 2014 jährlich die Mietobergrenzen nach den Regularien, die das Bundessozialgericht bereits 2009 vorgegeben hatte, genau zu ermitteln und anzupassen.
Es bleibt zu hoffen, dass der StR künftig wenigstens im Sozialausschuss und im Rechnungsausschuss den gegenüber der Soziareferentin und berufsm. Stadträtin Dorothee Schiwy weisungsgebundenen Leiter des Münchner Wohnungsamtes Rudolf Stummvoll (B90/Die Grünen) insbesondere bei der Ermittlung der Mietobergrenzen, aber auch bei der Unterbringung Wohnungloser und den damit verbundenen überhöhten und bereits den Tatbestand des Wuchers erfüllenden Aufwendungen an Unterkunftsbetreiber der Privatwirtschaft genau kontrolliert.
IGEL München, 14. November 2018 https://igel-muc.de
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