David Graeber, David Wengrow „Anfänge“:Eine neue Geschichte der Menschheit

Menschen haben immer die Wahl

https://www.fr.de/kultur/literatur/david-graeber-david-wengrow-anfaenge-menschen-haben-immer-die-wahl-91427851.html?cmp=defrss

David Graebers und David Wengrows Anfänge sind eine Revolution der Geschichtsschreibung: „Es war alles ganz anders. So erklären uns die beiden Autoren des 667 Seiten dicken Buches „Anfänge – Eine neue Geschichte der Menschheit“. David Graeber lehrte Anthropologie an der London School of Economics, war einer der Wortführer der Occupy-Wall- Street-Bewegung und seit seinem vor zehn Jahren erschienenen Weltbestseller „Schulden – Die ersten 5000 Jahre“ wohl der berühmteste bekennende Anarchist der Welt.

Im vergangenen September starb Graeber im Alter von 59 Jahren in Venedig. David Wengrow, geboren 1972, ist Professor für vergleichende Archäologie am University College London.“

Die Wahrheit aber ist, wie Graeber und Wengrow schreiben: „Erfunden wurde das Wort ‚Demokratie‘ wohl in Europa – und das auch nur um ein Haar, denn Griechenland war in der fraglichen Zeit Afrika und dem Nahen Osten kulturell viel näher als sagen wir zum Beispiel England –, doch es ist nahezu ausgeschlossen, vor dem 19. Jahrhundert auch nur einen einzigen Autor aufzuspüren, der nicht die Ansicht vertreten hätte, dass die Demokratie nichts anderes als eine schreckliche Regierungsform sei.“

David Graeber/David Wengrow: „Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit“. Aus dem Amerikanischen von Henning Dedekind, Helmut Dierlamm, Andreas Thomsen. € 28,95 / 670 Seiten. Klett-Cotta, Stuttgart 2022

Geschichte neu schreiben:

Zur Kolonialzeit wurde von den gebildeten Missionaren, vor allem Jesuiten, ausführlich berichtet, dass die „neuen Völker“ so schwer zu missionieren und unterwerfen sind, weil sie es nicht gewöhnt sind, den Befehlen eines Anderen zu gehorchen. Spannend, was die Religionen mit ihrem „Herrn“ und den angedrohten Strafen mit uns gemacht haben:

Von den indigenen Völkern Amerikas und Kanadas wir berichtet, dass die Grundversorgung so wie so für alle gemeinsam war, Privatbesitz war eine Kleinigkeit für Geschenke, für Spiele, …

Wenn wir unsere dümmlichen Beiträge gegen das bedingungslose Grundeinkommen hören, „dann würde niemand mehr arbeiten“ und „wer soll das bezahlen?“ merken wir, dass das Selbstverständlichste, das Grundlegende zu Essen, zu Wohnen, inzwischen zu „Menschenrechten“ erklärt, zum Almosen verkommen ist, zur Justiz-Sache pervertiert, die das heilige Privat-Eigentum garantiert und religiöse Gemeinschafts-Mäntelchen herumwickelt.

David Graebers Vermächtnis über Herrschaft und Eigentum

Der Archäologe David Wengrow und der Anthropologe David Graeber sind der Auffassung, dass die Geschichtswissenschaft die falschen Schlüsse aus vielen Zeugnissen der Vergangenheit zieht. Mit ihrem Buch „Anfänge“ wollen sie damit beginnen, „eine neue Geschichte der Menschheit“ zu schreiben. Von Nikolaus Nützel | 14.03.2022 im DLF zu hören: https://www.deutschlandfunk.de/david-graebers-vermaechtnis-ueber-herrschaftskonzepte-100.html

„Viele in den vergangenen vierzig oder fünfzig Jahren gewonnene Erkenntnisse haben die herkömmliche Sichtweise erschüttert. Heute wissen wir, dass es in manchen Gebieten Städte gab, die sich jahrhundertelang selbst verwalteten, ohne das geringste Anzeichen für Tempel und Paläste, die erst viel später gebaut wurden. In vielen frühen Städten findet sich schlicht keinerlei Hinweis auf eine Administration oder eine herrschende Schicht.“

Die Freiheit ist des Menschen bestes, weil ältestes Gut

Wider die Legende vom ewigen Gehorsam: In Anfänge schreiben David Graeber und David Wengrow die Gründungsgeschichte unserer Zivilisation neu: https://www.derstandard.at/consent/tcf/story/2000134061621/die-freiheit-ist-des-menschen-bestes-weil-aeltestes-gut?ref=rss

„Mitunter muss man sich gerade die Untertanen gott-ähnlicher Könige als besonders glückliche Menschen vorstellen. Aus der Mitte des vorvorigen Jahrhunderts wird über ein Ritual aus den südwest-pazifischen Fidschi-Inseln berichtet: Bei Sonnenaufgang herrschte vollkommene Stille. Ein Herold verkündete, der König sei im Begriffe, seine Kava-Wurzel zu kauen; woraufhin die frommen Insulaner in einen gemeinsamen Chor einstimmten: „Kau sie, kau sie!“ Beschlossen wurde das Schauspiel, eine Kollektivfeier kosmischer Eintracht, mit donnerndem Gebrüll.“

‚Anfänge‘: Als wir uns noch nichts sagen ließen

Warum hatten indigene Gesellschaften ‚Spielkönige‘ und eine ‚Clown-Polizei‘? David Graeber und David Wengrow schreiben ein doppelt libertäres Buch über die Freiheit. https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2022%2F05%2Fanfaenge-david-graeber-david-wengrow-geschichte (Bezahl-Abo)